Mitarbeiter-Story: Bei Anruf Matt

Corporate Publishing lebt von spannenden Protagonisten. Von Menschen wie Thomas Wessendorf: Der Oberarzt ist Anti-Doping-Beauftragter des Deutschen Schachbunds. Eine Arbeitsprobe aus dem Magazin "Wie is?", das wir für die Universitätsmedizin Essen produzieren.

Manchmal entscheidet ein Anruf über Sieg oder Niederlage. Als bei Dr. Thomas Wessendorf an einem Sonntag das Handy klingelt, weiß er: Jetzt ist es vorbei. Der Leitende Oberarzt der Pneumologie der Ruhrlandklinik sitzt gerade vor einer Schachpartie. Es läuft der Mannschaftskampf zwischen den Schachfreunden Katernberg – seinem Verein – und Solingen. NRW-Liga, dritthöchste Spielklasse im deutschen Schachsport. „Ich dachte, ich hätte das Telefon ausgeschaltet“, erinnert sich Wessendorf. „Aber leider war es noch an.“ Für Wessendorf ist die Partie sofort verloren – so sehen es die Regeln des Deutschen Schachbunds (DSB) vor.

Seit selbst Weltmeister gegen Computer verlieren, gelten Smartphones während einer Schachpartie als unerlaubte Waffe. „Wir sagen E-Doping dazu“, erklärt Wessendorf. Und fügt direkt hinzu, dass er für diese Art von leistungssteigernden Substanzen nicht zuständig sei. Dafür aber für alle anderen Arten: Im Juli wurde der 54-Jährige zum Anti-Doping-Beauftragten des DSB gewählt. Doping – im Schach?

Schach für Olympia
Thomas Wessendorf kann die Verwirrung verstehen. „Die Art von Doping, die man aus anderen Sportarten kennt, spielt im Schach eigentlich keine Rolle.“ Weil der Denksport aber davon träume, olympisch zu werden, unterziehe er sich denselben Dopingregeln wie alle anderen Sportarten. Bei Meisterschaften werden Spieler deshalb regelmäßig von der Nationalen Dopingagentur zur Urinprobe gebeten. „Einige Tests waren tatsächlich schon positiv“, sagt Wessendorf.

Die Fälle hatten allerdings nichts mit Leistungssteigerung zu tun. Sondern mit Unwissenheit: Viele Schachspieler seien in einem Alter, in dem sie Medikamente einnehmen müssten, die auf der Doping-Liste stehen, erklärt der Essener Mediziner. Beta-Blocker etwa, die Herzpatienten verschrieben werden, sorgen bei Sportschützen für eine ruhige Hand. Radrennfahrer profitieren vom Asthma-Spray, das den Muskelaufbau fördert. „Im Schach bringen diese Mittel nichts“, sagt Wessendorf. Verboten sind sie trotzdem – es sei denn, die Spieler lassen sich dafür eine Ausnahmegenehmigung geben. „Mein Job als Anti-Doping-Beauftragter ist genau das: die Spieler zu beraten, was erlaubt ist und was nicht.“

Volle Konzentration: Dr. Thomas Wessendorf am Schachbrett. (Fotos: Jan Ladwig)

Und was ist mit Substanzen, die die Denkleistung fördern? „Inwieweit Stimulanzien im Schach tatsächlich etwas bringen, wird immer noch diskutiert“, sagt der Mediziner. Koffein steigere zwar kurzfristig die Konzentration, trotzdem sei die Tasse Kaffee am Brett erlaubt. „Wachmacher“-Pillen wie Ritalin oder Amphetamine dagegen sind verboten.

Den Kopf freikriegen
Für Wessendorf selbst ist das Schach inzwischen eine Art Wachmacher. „Wenn ich sonntags bei einem Turnier vor dem Brett sitze, denke ich überhaupt nicht an den Montag, an die Visite oder sonstwas in der Klinik. Ich kriege den Kopf frei – das ist der Grund, warum ich Schach spiele.“

So entspannt war sein Verhältnis zum Schach nicht immer. Als Kind lernte er das Spiel von seinem Vater, dem schnell das Talent seines Sohnes auffiel. 1977 trat er in einen Schachverein ein und wurde direkt im ersten Jahr Essener Schülermeister. „Von da an hatte ich Blut geleckt“, sagt Wessendorf. Als Jugendlicher habe er den Sport dann „ziemlich intensiv“ betrieben. Er schaffte es bis in den B-Kader der Jugend-Nationalmannschaft und sicherte sich sogar einen Platz auf der Sporthochschule der Bundeswehr. „Ich habe meinen Wehrdienst mit Schachspielen verbracht.“

Auch wenn er sich danach für die Medizin und gegen eine Karriere als Schachprofi entschied: Seinem Sport ist der Oberarzt bis heute treu geblieben. In der Uni wurde er 1986 Deutscher Hochschulmeister, spielte zeitweise in der Zweiten Bundesliga, wurde 2016 Deutscher Ärztemeister. Heute sitzt er bei den Schachfreunden Katernberg am fünften Brett. Den Faux-Pas mit dem Handy trügen ihm seine Mitspieler nicht nach, sagt Wessendorf: Die Essener drehten die Partie noch mit 4,5:3,5.

Diese und andere Storys finden Sie in der aktuellen Ausgabe der "Wie is?".

Außer dem Gesundheitsmagazin "Wie is?" produziert Zimmermann Editorial auch das Mitarbeitermagazin "U&ME" für die Universitätsmedizin Essen.

Über den Autor

Michael Aust

Wörter wie Mukoviszidose und Pädiatrische Hämatologie gehen Michael flüssig über die Lippen. Seit mehr als 15 Jahren schreibt er inzwischen über Gesundheitsthemen – und hat sich dabei eine Menge Medizinerwissen angeeignet. Trotzdem: Wenn beim Schreiben aus einer losen Wörtersammlung eine Geschichte entsteht, ist Michael doch froh, nicht Arzt sondern Redakteur geworden zu sein.

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