„Cari saluti!“

Die Ansichtskarte aus dem Sommerurlaub – ein Klassiker. Früher flossen uns die Zeilen wie von selbst aus der Hand. Warum ist das heute so viel schwerer?

Endlich Urlaub: Sonne, Strand und Meeresluft – was kann es Schöneres geben? Vor Ort das nostalgische Ritual: Postkarte gekauft, Stift in die Hand und los geht’s! Ein kurzer Urlaubsgruß an die Oma, die Nachbarn oder Agenturkollegen in der Ferne. Doch auch nach zehn Minuten ist die Ansichtskarte leer. Worüber schreiben? Das sonnige Wetter? Die gutaussehenden Italiener*Innen? Das leckere Essen?

Geht auch alles per WhatsApp, sogar mit Bild, Video oder Sprachnachricht. Also einfach ein fettes „Cari saluti da Portofino!“ quer über die Postkarte gekritzelt. Dazu noch eine lachende Sonne und ein Smiley – basta!

In der Kürze liegt die Würze
Wem das bekannt vorkommt, der ist keineswegs allein. Wie ein Forschungsteam von der Technischen Universität Dresden bei der Analyse von rund 12.000 Postkarten aus über 80 Jahren herausfand, werden die Texte auf den Karten immer kürzer. Aufzählungen liegen im Trend. Die DIN-genormten 10,5 cm x 14,8 cm der Postkarte füllen die Urlauber damit aber meist nicht mehr. Schuld daran ist der Siegeszug der Messenger-Dienste. Denn sie haben unser Sprachverhalten verändert. Nachrichten fassen wir kurz – wir nutzen Abkürzungen, ersetzen Umschreibungen durch Emojis und lassen Artikel verschwinden – bei WhatsApp und Postkarten.

425 Fußballfelder
Trotzdem hält sich der analoge Urlaubsgruß wacker. Wie eine Umfrage von Bitkom Research im Auftrag des Digitalverbands Bitkom 2018 ergab, verschicken immerhin noch 56 Prozent der Befragten ihre Grüße auf dem Postweg. Der Grund: Die Karte ist eine Geste, die über ihren Informationswert hinausreicht. Sie zeigt dem Empfänger, dass man an ihn denkt. Karte aussuchen, Briefmarke kaufen und etwas texten – besonders angesichts der einfacheren Variante über das Smartphone wissen die Empfänger das zu schätzen. Daher kommt der papierne Gruß auch an den Kühlschrank – während die WhatsApp-Nachricht im Chatverlauf verschwindet.

Und auch wenn die Anzahl an Postkarten über die Jahre stetig zurückgegangen ist – ein Fall für das Museum ist sie noch lange nicht. Rund 195 Millionen Stück stellte die Deutsche Post 2017 zu. Ihre beschreibbare Fläche entspräche der Größe von 425 Fußballfeldern – viel Raum für entspannte Urlaubsgedanken

Über den Autor

Joachim Neubauer

Ein Tag, fünf verschiedene Themen? Kein Problem, nur die Struktur muss stimmen. Wie in einer guten Geschichte. Und die findet man nicht nur in Büchern, sondern auch in guten Magazinen. Ganz wichtig dabei: authentische Gespräche mit Menschen aus dem Alltag – für Joachim das A und O einer guten Story.

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