Warum Manager und Interne Medien so oft an Mitarbeitern vorbei kommunizieren.
Manchmal genügen schon zwei Schritte. Einer auf den Stuhl und ein zweiter vom Stuhl auf den Tisch. Schon hat man einen neuen Blick auf die Dinge. Im „Club der toten Dichter“ ist das eine bewegende Szene, als Englischlehrer John Keating seinen Schülern diesen Perspektivwechsel nahebringen will und sie bittet, auf die Tische zu steigen. Erst zögern sie, dann traut sich einer. Schließlich machen es alle und staunen darüber, dass so ein Klassenraum, die Tische und die Stühle von oben ganz anders aussehen.
Es ist die große Kunst auch in der Unternehmenskommunikation, unterschiedliche Perspektiven einzunehmen. Aber viel zu oft gibt es nur die eine Perspektive – die unternehmerische. Wo immer Strategien, Geschäftsmodell, Projekte erklärt werden, geschieht das aus Sicht des Top-Managements. Unternehmen werden sozusagen immer „von oben“ erklärt. Für Analysten und Presse ist das sinnvoll – sie interessieren sich für die Geschicke des Unternehmens im Ganzen.
In der Mitarbeiterkommunikation gilt das nur in Grenzen. Spricht ein Vorstand etwa von der Notwendigkeit stärkerer Kundenorientierung, nicken Journalisten und Analysten mit dem Kopf. Ein Vertriebsmitarbeiter aber, der von morgens bis abends im Kundenkontakt steht, runzelt die Stirn. Der Begriff der „Kundenorientierung“ ist für ihn eine leere Konzeptphrase, ein Power-Point-Begriff, den er fast als Affront begreift. Wer schließlich kümmert sich tagtäglich um die Kunden?
Der Vorstand mag im Recht sein. Mit der Kundenorientierung steht es vielleicht tatsächlich nicht zum Besten. Um die Problematik den Mitarbeitern nahe zu bringen, sollte er aber die Perspektive wechseln und vom strategischen Blick in den operativen wechseln – sozusagen vom Tisch runtersteigen.
Der Blick von Mitarbeitern auf unternehmerische Themen ist geprägt vom eigenen Erleben – im Team, in der Region oder in den Grenzen des eigenen Geschäftsfelds. Sie nehmen keine Konzepte wahr, sondern Realität. Sie stellen nicht „den Kunden in den Mittelpunkt von Denken und Handeln“ – sie rufen ihn an oder treffen ihn. Dass es dem Vorstand bei „Kundenorientierung“ gar nicht um den Kontakt als solches geht, spielt dabei keine Rolle. Seine Konzeptsprache und sein Blick auf das Unternehmen als Ganzes sorgen dafür, dass er missverstanden wird noch bevor er den Begriff „auflösen“ kann.
Dieser Perspektivwechsel ist ein Gebot nicht nur für den sprechenden Vorstand, sondern genauso für die Macher von internen Medien. Das Unternehmen „aus der Mitte heraus“ zu erzählen und zu erklären statt „von oben“ ist die hohe Kunst bei der Entstehung von Mitarbeitermedien. Dafür ist es notwendig, das unternehmerische Thema zunächst mal aus der Perspektive der Mitarbeiter zu betrachten. Im konkreten Fall: Wie erleben Mitarbeiter die Kunden? Was müsste sich ändern? Die komplette Thematik kann aus der Mitte des Unternehmens aufgerollt werden. Denn: Das strategische (die Welt des Vorstands) ist am Ende des Tages immer operativ! Über diesen Weg sollte man es den Mitarbeitern auch nahebringen.
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