Alexander Wörlein ist freier Social Media Manager und arbeitet unter anderem für die Programmdirektion von Das Erste. Der gelernte Marketing- und Medienmanager erzählt im Interview, auf welchen Tonfall es in sozialen Netzwerken ankommt und wie man sich gegen einen drohenden Shitstorm wappnet.
Ist die Pflege der Social Media-Kanäle ein 24-Stunden-Projekt?
Nicht ganz, da wir ja Beiträge vorplanen können, etwa für nachts oder das Wochenende. Bis etwa 23 Uhr posten wir noch aktiv Beiträge und moderieren Kommentare. Wir haben aber beobachtet, dass die Aktivitäten der Nutzer dann auch stark nachlassen und gönnen uns eine Pause bis 8 Uhr morgens. Der Kollege, der dann die erste Schicht macht, kümmert sich um die Kommentare aus der späten Nacht.
Welche Sprache wählen Sie beim Posten der Beiträge?
Bei Seiten von fiktionalen Sendungen oder Unterhaltungsformaten duzen wir die Nutzer. Was die Tonalität angeht, probieren wir uns hier auch gerne mal aus. Der Tonfall muss nicht immer bierernst sein, viele Nutzer sind auch sehr ironisch eingestellt. Im Senderchannel „Das Erste“ und bei Talkformaten vermeiden wir die direkte Anrede und siezen ansonsten. Der Ton ist hier eher ernst, das betrifft ja auch viele der Themen in diesen Sendungen. Ansonsten ist das oberste Gebot: Auf die Rechtschreibung achten. Es mag banal erscheinen, aber an einem Schreibfehler kann sich die Community richtig aufhängen. Da kommen dann direkt Anspielungen wie: Textet bei euch der Praktikant? Deswegen gilt hier das Vier-Augen-Prinzip für jedes noch so kurze Posting oder Tweet.
Wie umfangreich werden Postings abgestimmt?
Die inhaltliche Abstimmung muss manchmal sehr schnell gehen. Wir sitzen alle in einem Büro, das funktioniert auf Zuruf. Unsere Postings und Tweets sind auch alle mit einem Link zu den Seiten von daserste.de belegt, der geprüft und abgenommen ist. In seltenen Fällen korrigieren wir Postings auch nachträglich, etwa wenn Personen nicht erwähnt werden wollen. Bei Twitter geht das natürlich nicht, deswegen muss man gerade hier genau überlegen, was man aussendet.
Kann jeder Redakteur seine persönliche Note einbringen?
Wir haben schon eine grobe Guideline für die Ansprache erstellt und haben uns im Vorfeld auch die Sprache anderer Social Media Redaktionen angeschaut. Ein bisschen persönlich darf es schon werden. Meistens erkennen wir an der Sprache bereits, wer von uns gerade den Kanal bespielt. Aber so streitlustig wie beispielsweise die Social Media Redaktion der Bundesregierung antwortet, würden wir nicht formulieren. Das schaukelt sich dann zu schnell hoch und sorgt für eine permanente Grundaggressivität.
Welchen Nutzen zieht der Sender aus den Kommentaren?
Wir geben die ungefähren Tendenzen zu den einzelnen Sendungen oder Themen in Form eines Wochenprotokolls an alle Redaktionen weiter. Dort muss dann entschieden werden, ob und wie darauf eingegangen wird. Interessant ist, dass die Nutzer auf Twitter und Facebook Sendungen oft ganz unterschiedlich bewerten. Das hängt damit zusammen, dass es überwiegend Medienleute sind, die twittern, während bei Facebook ganz normale Leute aktiv sind.
Wie gehen Sie mit kontroversen Kommentaren um?
In unklaren Fällen kontaktieren wir unsere Juristen. Wenn klar ist, dass es sich um einen fremdenfeindlichen oder beleidigenden Inhalt handelt, haben wir 48 Stunden Zeit, darauf zu reagieren. In der Regel verbergen wir diese Inhalte, so dass niemand außer dem Verfasser sie lesen kann. Wenn Nutzer sich wiederholt zu extrem äußern, sperren wir sie auch. Beleidigungen, die uns gegenüber ausgesprochen werden, lassen wir allerdings öffentlich stehen. Erstens können wir mit Kritik umgehen und zweitens folgt sonst zu schnell der Zensur-Vorwurf.
Haben Sie auch privat noch Lust auf Facebook, Twitter & Co?
Ich habe mich da privat ehrlich gesagt etwas zurückgezogen. Facebook nutze ich überwiegend, um mich via Messenger mit meinen Freunden zu unterhalten oder um Veranstaltungen mit ihnen zu planen. Bei Twitter wüsste ich ehrlich gesagt nicht, was ich der Gemeinde aus meinem Privatleben mitzuteilen habe.
Neue Erzähltechniken oder Trends im Editorial Design – in unserem Magazin beschäftigen wir uns mit Medien und Kommunikation.
Wir denken strategisch und arbeiten kreativ. Wir sind Experten für Corporate Medien mit Fokus auf Meinungsbildner, Öffentlichkeit und Mitarbeiter.
Lernen Sie uns kennen