„Es gibt kaum authentischere Botschafter als die eigenen Mitarbeiter“

In Schweden und den Niederlanden ist das Rotation Curation Prinzip, also die abwechselnde Nutzung eines Twitteraccounts, bereits sehr erfolgreich. Seit dem 05. März nutzt vodafone dieses Prinzip als erstes Unternehmen und lässt mit seinem Account @being_vodafone jede Woche einen anderen Mitarbeiter an die Twitter-Tasten. Wir haben mit den Projektverantwortlichen Christian Rapp und Magnus Kleditzsch über Potentiale und Gefahren des Rotation Curation Prinzips gesprochen.

Vodafone ist schon lange bei Twitter unterwegs, wie kam es nun zur Gründung des neuen Twitteraccounts @being_vodafone? Wen soll der Account eigentlich erreichen?

Rapp: Uns war wichtig, die sozialen Medien nicht nur als weitere Kanäle für vorhandene Inhalte und Botschaften zu nutzen, sondern mit neuen Erzählformen zu experimentieren. @being_vodafone soll zunächst einmal Fans von Vodafone ansprechen. Ihnen ermöglichen wir einen neuen, spannenden Blick auf die Marke Vodafone. Daneben wollen wir Multiplikatoren aus der Online-Community erreichen, also Blogger, Journalisten, Social-Media-Experten. Der Account soll ihnen signalisieren: Vodafone hat eine digitale DNA, Vodafone versteht die sozialen Medien.

Ist das ganze nicht eigentlich mehr eine Maßnahme für Beteiligung und Mitarbeitermotivation als eine für die externe Kommunikation?

Kleditzsch: Beides. Er ist für die externe Kommunikation entstanden, hat aber natürlich eine interne Wirkung.

Rapp: Und genau diese Mischung halte ich auch für die Zukunft. Soziale Medien gehören zu unserem Alltag und es wird zunehmend schwierig, die interne von der externen Kommunikation klar zu trennen. Statt eine zunehmend künstliche Trennung in den sozialen Medien aufrechtzuerhalten, haben wir sie für dieses Experiment bewusst aufgehoben. User-Generated Content zeichnet unsere Zeit aus – höchste Zeit, dass wir in der Unternehmenskommunikation diesen Trend aufnehmen: Employee-Generated Content.

Welchen Mehrwert können Mitarbeiter als Unternehmensbotschafter bei so einem Projekt wie @being_vodafone denn bieten?

Rapp: Es gibt kaum authentischere Botschafter für Unternehmen als die eigenen Mitarbeiter. Wenn wir motivierte Mitarbeiter und ihren Stolz auf das eigene Unternehmen mit den Möglichkeiten der sozialen Medien zusammenbringen, kann richtig gute und glaubwürdige Kommunikation entstehen. Die Mitarbeiter nutzen doch Twitter und Facebook privat auch während der Arbeitszeit. Insofern verfolgen wir mit dem Projekt @being_vodafone auch das Ziel, die Erfahrungen aus der privaten Mediennutzung ins Unternehmen zu holen – und sie für die Unternehmenskommunikation nutzbar zu machen.

Mehr Mitarbeiterstimmen für mehr Glaubwürdigkeit also. Da passt es, dass vom CEO bis zum Sachbearbeiter jeder Vodafone-Mitarbeiter einmal eine Woche auf @being_vodafone twittern soll. Nun können ja nicht alle Mitarbeiter etwas mit dem Nachrichtendienst anfangen. Wie bereiten Sie sie auf ihre Arbeit vor?

Kleditzsch: Natürlich gab es auch die ein oder andere Absage für die Rolle als Autor, das ist auch völlig legitim. Nicht jeder muss von Twitter begeistert sein. Einige Kollegen sind aber auch sehr offen für die Idee, weil sie Twitter endlich einmal ausprobieren möchten. Diese erhalten im persönlichen Gespräch eine Einführung in das Medium. Das Briefing für die Autorenschaft ist kurz und individuell gehalten – ganz nach dem Wissensstand und dem Erfahrungsschatz in Bezug auf Twitter.

Die Tweets von @being_vodafone sind mitunter sehr persönlich. Ein Mitarbeiter postete zuletzt ein Foto vom ersten Geburtstag seines Kindes …

Kleditzsch: Gerade die persönliche Note macht den Account interessant und zeigt die unterschiedlichen Charaktere, die bei uns wichtige Jobs übernehmen. Aber es ist den Autoren des Accounts völlig freigestellt, wie privat oder detailliert ihre Einträge tatsächlich sind.

Rapp: Genau, wir haben uns bewusst gegen eine inhaltliche Einschränkung entschieden. Unser CEO, Jens Schulte-Bockum, hat seinen Tag als „Twitter-Praktikum“ beschrieben. Uns freut das, denn genau diesen unerschrockenen Umgang mit dem Account wollten wir erreichen.

Ziemlich mutig, vor allem nachdem bei Vodafone vor drei Jahren genau das passiert ist, was alle Unternehmen fürchten: Ein Mitarbeiter missbrauchte den offiziellen Kundenservice-Account „VodafoneUK“ für einen schwulenfeindlichen Tweet. Wie groß ist die Angst vor Kommunikationspannen, wenn Mitarbeiter in die Twitter-Tasten hauen?

Rapp: Man muss Kommunikationspannen in der Planung und Konzeption mitdenken, auf sie vorbereitet sein. Für @being_vodafone war es hilfreich, dass Magnus und auch ich privat twittern und das Medium kennen. Das hat bei einer realistischen Einschätzung potentieller Gefahren sicherlich geholfen.

Herr Kleditzsch, noch eine Frage zum Abschluss: Haben Sie den Eindruck, dass Unternehmen Ihrer Generation – also der der Digital Natives – von Kommunikations- und Transparenz-Gesichtspunkten her noch zu wenig bieten?

Kleditzsch: Ich kann nicht für eine ganze Generation sprechen, aber mein persönlicher Standpunkt ist klar: Wichtig ist es, auf Augenhöhe, zeitgemäß und im Sinne der Kunden zu kommunizieren. Transparenz ist dabei ein Faktor, der zusätzlich Reputation schaffen kann. Bei @being_vodafone stehen Personen im Vordergrund, mit denen ein Austausch zuvor so nicht möglich war.

Foto: Photo by freestocks.org on Unsplash

Über die Personen

Magnus Kleditzsch, Social Media Experte @Vodafone Deutschland. Jahrgang 1986, studierte Kommunikationswissenschaft und PR in Münster und Berkeley. Erste Berufserfahrung bei Nintendo und Amazon.de sowie Social Media Verantwortung im Coppenrath Verlag und in der Gamesbranche. Möchte die strategische Ausrichtung im Bereich Social Media bei Vodafone Deutschland ausbauen, Impulse setzen und Mitarbeiter motivieren, das Unternehmen als echte Markenbotschafter zu vertreten. Twittert privat unter @mgns

Christian Rapp, Pressesprecher/ Chief Social Media Officer @Vodafone Deutschland. Geboren 1977, Studium der Politik und PR in Leipzig. Zunächst Stationen bei der Helios Media GmbH, der Deutschen Lufthansa, Lindauer Nobelpreisträgertagungen. Koordiniert das abteilungsübergreifende Social Media Board von Vodafone Deutschland, verantwortlich für Social Media in der Unternehmenskommunikation, leitet Projekte sowie Kommunikation des Vodafone Instituts für Gesellschaft und Kommunikation. Twittert privat unter @untenistoben.

Über den Autor

Julia Jansen

Fotografen buchen, Reportagen schreiben, Beiträge mit den Kunden abstimmen und nebenbei noch die Kollegen an den Redaktionsschluss erinnern – Julia kümmert sich darum, dass aus Magazinkonzepten echte Hefte werden. Ihr liebster Moment während der Produktion ist die Recherche, wenn sie wie eine Goldgräberin nach der besten Geschichte forschen kann.

Agentur

Wir denken strategisch und arbeiten kreativ. Wir sind Experten für Corporate Medien mit Fokus auf Meinungsbildner, Öffentlichkeit und Mitarbeiter.

Lernen Sie uns kennen