Seit 2010 erscheint das Stadtteilmagazin „ef – ehrenfelder“ über das und aus dem gleichnamige Kölner Szene-Viertel. Wir sprachen mit Stefan Flach, Designer und Kreativdirektor, über die Besonderheiten des ehrenfelders und die Beweggründe, das Magazin zu machen.
Eine Taube, die nach einer Zigaretten-Kippe pickt. Ist Euch kein schöneres Titelmotiv eingefallen?
Das Foto löst inneren Widerstand beim Betrachter aus. Und genau das ist das Thema des dritten ehrenfelder. Wir sind durchaus designorientiert und wir gehen mit einem solchen Foto eher in eine künstlerische Richtung. Das ist natürlich kein Titel, der sagt: Kauf mich! Aber darum geht es uns ja auch gar nicht.
Ihr bemüht Euch also nicht um Leser. Warum macht Ihr den ehrenfelder überhaupt?
Schon als Kind und Jugendlicher habe ich mich gefragt, warum Leute Artikel über bestimmte Themen veröffentlichen. Warum glauben Menschen, dass es andere interessiert, was sie zu sagen haben? Das Echo auf unsere bislang erschienenen drei Ausgaben hat mir gezeigt, dass es eine ganze Menge Leute gibt, die sich dafür interessieren, was Du zu sagen hast oder was Du für Ideen hast. Die finden das sogar gut. Es ist eine Bestätigung für das, was Dir in Deinem Leben wichtig ist, und gibt Dir diese Befriedigung, dass Du etwas geschaffen hast, das bleibt.
Also eine Art Selbstverwirklichung für Euch?
Wenn man viel Herzblut in ein Projekt steckt, ist es wohl auch das. Aber vor allem ist der ehrenfelder ein Magazin für die Leute, die hier leben. Die Idee entstand in einer Bürogemeinschaft von Fotografen, Journalisten, Designern und Konzeptionern, die zu den Passagen ein gemeinsames Projekt machen wollten. Daraus hat sich dann ein handfestes Stadtteilmagazin für die Ehrenfelder entwickelt. Wir haben keine Ausgeh-, Freizeit- oder Kneipentipps im Blatt und wir erzählen nicht, welche tollen neuen Restaurants eröffnet haben oder wo der beste Spielplatz ist. Stattdessen beschäftigen uns mit einem Schwerpunktthema, das die Klammer für zahlreiche Geschichten und Themen aus diesem Stadtteil bildet. Im ersten Heft war es die Topografie Ehrenfelds, dann die Utopie und jetzt geht es um die inneren Widerstände des Viertels und der Menschen darin. Ein besonderes Highlight ist sicherlich das Doppelinterview mit Hanswerner Möllmann und Paul Bauwens-Adenauer in vertauschten Rollen.
Beide, Möllmann als Sprecher der Bürgerinitiative und Bauwens-Adenauer als Projektentwickler/Architekt/Investor, repräsentierten zu Beginn des Bürgerbeteiligungsprozesses um das Ehrenfelder Helios-Gelände gegensätzliche Fronten.
Ein normales Gespräch mit beiden hätte wahrscheinlich ziemlich erwartbare Antworten enthalten. Uns ging es aber darum, zu zeigen, wie wichtig es sein kann, die Position des anderen einzunehmen, um zu verstehen, welche Motivationen und inneren Widerstände der andere hat. Das Ganze war ein gewagtes Spiel – und ich finde es großartig, dass die beiden sich darauf eingelassen haben.
Ganz ehrlich: Wir dachten schon, der ehrenfelder sei tot. Warum hat es so lange gedauert, bis die dritte Ausgabe erschienen ist?
Die Hindernisse lagen bei uns selbst, in unserem eigenen Leben. Es gibt keinen Druck, weil wir als nicht-kommerzielles Magazin komplett unabhängig sind: Wir drucken keine Anzeigen, alle Akteure verzichten auf Honorare und die Produktion finanzieren wir über den Verkauf der 1.000 Exemplare pro Ausgabe. Keiner sagt uns, dass wir zu einem bestimmten Zeitpunkt fertig sein müssen – das können wir selbst entscheiden. So wie wir bei der Gestaltung und den Inhalten völlig frei sind. Der ehrenfelder läuft eben neben der normalen Arbeit her. In den letzten zwei, drei Jahren hat sich ergeben, dass wir für andere Projekte mehr Zeit gebraucht haben, bis wir dann festgestellt haben: Wir haben noch die Ausgabe #3 zu machen, die fehlt uns und brennt uns auf den Nägeln. Und damit war auch das Thema klar, der innere Widerstand, den wir zu überwinden hatten.
Wer liest den ehrenfelder denn überhaupt?
Das möchte ich auch mal gerne wissen. Es gibt von unserer Seite keine klar definierte Zielgruppe – außer, dass es ein Magazin für Ehrenfelder über Ehrenfeld ist. Ich bin immer froh, wenn ich die Leute kennenlerne, die unser Magazin lesen. Letztes Jahr habe ich mir den Spaß gemacht, bei ein paar Online-Bestellungen das Heft persönlich vorbeizubringen. Dann stand ich plötzlich vor der Tür von jemandem, von dem ich nicht gedacht hätte, dass er sich für den ehrenfelder interessiert. Ein Rentner zum Beispiel oder auch eine 21-jährige Studentin. Das Spektrum ist offensichtlich sehr breit.
Bekommt ihr keine Rückmeldungen?
Es gibt Kommentare auf unserer Webseite oder unserem Facebook-Account. Das sind aber ausnahmslos nur bestätigende Rückmeldungen. Die Menschen scheinen glücklich zu sein mit dem Ergebnis unserer Arbeit – warum auch immer. Negative Kritik haben wir nicht bekommen.
Was kommt als nächstes? Wird es eine vierte Ausgabe geben?
Ganz bestimmt. Ideen gibt es schon eine ganze Menge, weil wir immer alles gesammelt haben, was wir für die aktuelle Ausgabe verwerfen mussten. Es ist aber nicht so, dass wir uns auf ein Thema festgelegt hätten. Der Kölner Stadt-Anzeiger hat gemutmaßt, es würde der „Mülheimer“ – weil wir unsere Releaseparty in Mülheim gefeiert haben und weil Mülheim jetzt langsam zum neuen Ehrenfeld wird, zum angesagtesten Stadtteil Kölns. Das kann ich so konkret schon mal dementieren. Es gibt zwar einiges was uns auch in Mülheim interessiert, aber ob wir uns wieder auf ein Viertel festlegen oder doch noch einen ehrenfelder #4 machen entscheidet sich – wie übrigens alle anderen Ausgaben – im Prozess.
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