Immer mehr Unternehmen stellen ihre Kommunikationsabteilung nach dem Vorbild von Zeitungsverlagen als Newsroom auf. Diese Organisationsform soll dazu beitragen, crossmedial zu arbeiten, da vorrangig in Themen und nicht in Kanälen oder Zielgruppen gedacht wird. Mona Sadrowski hat sich in ihrer Masterarbeit ausführlich mit dem Phänomen beschäftigt und uns im Interview erklärt, was die Vorteile von Newsrooms sind und auf was Unternehmen bei der Etablierung dieses Konzepts achten müssen.
Sind Newsrooms das Allheilmittel für die kommunikativen Herausforderungen der Unternehmenskommunikation?
Das Thema wird momentan sehr gehypt. Das liegt einerseits an der Berichterstattung von Branchenmedien, die sich teilweise recht unkritisch mit Newsrooms auseinandersetzen, aber auch an Agenturen und Beratungen, die mit dem Konzept geradezu hausieren gehen.
Was sind die konkreten Vorteile von Newsrooms?
Im Wesentlichen sind es drei Punkte: Im Newsroom sind Verantwortlichkeiten für Themen und Kanäle transparent geregelt. Jeder Mitarbeiter weiß, wer wofür Ansprechpartner ist. Dadurch und durch die räumliche Nähe zwischen den Mitarbeitern werden Unternehmen in kommunikativer Hinsicht agiler und flexibler. Außerdem werden Dopplungen vermieden, denn oft arbeiten mehrere Leute am selben Thema. Zweitens gewinnen die Mitarbeiter durch die Spezialisierung auf Themen und Kanäle Expertise, die es ihnen ermöglicht, auf Augenhöhe mit den einzelnen Zielgruppen zu kommunizieren. Nehmen wir das Beispiel Social Media: Hier sollten wirklich nur Leute arbeiten, die digitales Storytelling beherrschen. Und drittens bringt die Etablierung eines Newsrooms bestenfalls auch die Einführung eines besseren Content-Management-Systems mit sich. Oft gibt es in Unternehmen viele gute Ideen, die untergehen oder in Vergessenheit geraten, weil sie irgendwo ohne passende Verschlagwortung auf einem Server rumdümpeln.
Das klingt gut, funktioniert aber vermutlich nur, wenn man den Idealtypus eines Newsrooms umsetzt. Wie sieht denn die Wirklichkeit aus?
Tatsächlich war ein Resultat meiner Arbeit, dass die meisten Unternehmen, die mit dem Newsroom-Konzept arbeiten, eine „Light-Version“ umsetzen. Ob auf dem Büroschild „Newsroom“ steht oder das Konzept wirklich gelebt wird, ist ein himmelweiter Unterschied. Für die konsequente Aufstellung der Unternehmenskommunikation als Newsroom, verbunden mit der Auflösung der klassischen Abteilungen wie Interne Kommunikation, Externe Kommunikation etc. fehlt vielen der Mut. Das Brechen mit alten Traditionen und Bezeichnungen fällt den meisten Unternehmen verständlicherweise extrem schwer.
Was sind denn die Kriterien, die eine Kommunikationsabteilung erfüllen muss, um mit dem Newsroom-Konzept erfolgreich zu arbeiten?
Ganz vorn steht die Veränderungsbereitschaft der Mitarbeiter. Sie müssen voll hinter der Idee stehen und von Anfang an mitgenommen werden. Es ist zum Beispiel schwierig, diese Organisationsform zu implementieren, wenn die Abteilung einen Altersschnitt von 50+ aufweist und die Mitarbeiter nicht mehr dazu bereit sind, von den gewohnten Strukturen abzulassen. Ein zweiter Punkt ist die Investitionsbereitschaft der Unternehmen. Denn ohne Beratung von außen durch Agenturen oder Journalisten, die langjährige Erfahrung mit dem Konzept haben, wird eine Etablierung äußert schwierig. Auch in Mitarbeiter-Schulungen und Technik müssen Unternehmen investieren. Ein weiteres ganz wichtiges Kriterium ist die konsequente Trennung von Verantwortlichkeiten für Themen und Kanäle.
Für welche Unternehmen sind Newsrooms besonders geeignet bzw. für welche nicht?
Das lässt sich so pauschal nicht beantworten. Ein Faktor ist sicherlich die Größe der Kommunikationsabteilung. 20 bis 30 Mitarbeiter sollte eine Unternehmenskommunikation schon haben, damit sich die Einrichtung eines „richtigen“ Newsrooms mitsamt all der notwendigen Investitionen lohnt. Außerdem ist die Newsroom-Einführung vor allem für Unternehmen sinnvoll, bei denen die Kommunikation weit über klassische Pressearbeit hinausgehen muss, um erfolgreich zu sein.
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