Warum lesen sich Stories in Unternehmensmedien oft so anders als in kommerziellen Medien? Warum schwingt da vom ersten Satz an dieses Wohlwollen mit? Warum spürt man häufig sofort, dass es nur darum geht, eine Botschaft zu verkaufen?
Es hat viel mit Sprache zu tun, klar. Das Positiv- oder Irrelevanz-Vokabular outet viele Kunden- und Mitarbeiter-Medien als mittelmäßige PR-Postillen. Headlines wie „Neue Perspektiven“, „Das beste aus zwei Welten“ oder „Partnerschaft mit Pfiff“ künden von Weichspüler-Inhalten. Wer weiterliest, wird in seinen Erwartungenn nicht enttäuscht.
Aber es hat nicht nur mit diesem typischen PR-Stil zu tun. Der Fehler wird meist schon gemacht, bevor das erste Wort geschrieben wird. Er liegt in der grundsätzlichen Perspektive und dem Aufbau der Geschichten (das gilt genauso für Redetexte von Managern). Unternehmensmedien neigen dazu, Stories auf den Kopf zu stellen. So stellt man sie auf die Beine:
Vom Speziellen zum Allgemeinen
Wer, als Beispiel, eine Erfolgsstory über die gestiegene Profitabilität des Unternehmens erzählen will, der macht das üblicherweise anhand von Kennzahlen. Und üblicherweise erzählt und schreibt er zunächst, was der Konzern geleistet hat, dann, was die Geschäftsbereiche dazu beigetragen haben, und wenn dann noch Zeit ist, gibt es ein nettes Beispiel aus der Region. Da hat man aber schon längst aufgehört zu lesen oder zuzuhören.
Will man Leser oder Zuhörer, muss man die Geschichte umdrehen. Wie spannend kann die Story sein über ein Vertriebsteam, das noch vor Jahresfrist keine Zukunft mehr zu haben schien. Das dann mit einer frischen Idee einen neuen Anlauf startete, sich mit Elan Schritt für Schritt in den Markt zurückkämpfte. Wie viel mehr wirkt diese Story als eine nackte Statistik und wie viel mehr Ansporn ist sie für den Rest der Belegschaft. Und wie viel anschaulicher ist es, wenn man diese Story als Beispiel nimmt für einen Aufbruch in der Region und eine Erfolgsstory des Konzerns.
Von draußen nach drinnen
Die Story über den Fachkräftemangel im Unternehmen beginnt nicht bei der Zahl der offenen Stellen. Sie beginnt beim demografischen Wandel der Gesellschaft. Die Story über die neue IT-Lösung im Kundendatenmanagement beginnt nicht bei der Chance zu schnelleren Reaktionszeiten auf Kundenanfragen und transparenterer Bearbeitung. Sie beginnt bei sich ändernden Kundenerwartungen durch generell wachsende Serviceansprüche in der Gesellschaft. Die Story über den neuen Standort in Prag beginnt nicht bei der Osteuropa-Strategie des Unternehmens sondern beim Wachstum dieser Region, bei der neuen Grenzenlosigkeit von Märkten und einer neuen Wettbewebssituation. Alles, was Unternehmen tun, hat seine Ursache draußen vor den Werkstoren und Firmenzentralen.
Vom Problem zur Lösung
Eine gute Story in Unternehmensmedien folgt der gleichen Logik wie ein Tatort: Erst der Mord, dann eine verwobene Geschichte und am Ende die Auflösung. Aber im Corporate Publishing gibt es da viel zu oft einen gewissen Juckreiz, der dafür sorgt, dass – wenn nicht schon im Vorspann der Story – spätestens am Ende des ersten Absatzes alles erzählt ist. Alles super! Damit ist die Botschaft zwar transportiert, aber sie ist genauso schnell wieder vergessen. Grund: Man hat die Leser nicht gepackt. Wer ihnen aber eine packende Geschichte erzählt von Menschen, die etwas erleben, straucheln, aufstehen und am Ende etwas schaffen, der kann Leser (Kunden, Mitarbeiter etc.) binden. Und die Botschaft ist viel nachhaltiger. Es heißt nicht umsonst nicht Happy Beginning sondern Happy End.
Teaserbild: Photo by Jonas Jacobsson on Unsplash
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