Im Zuge ihres Markenrelaunchs haben die Stadtwerke Neuss vor eineinhalb Jahren ein Online-Magazin gestartet, in dem auch Schwimmmeister und Busfahrer Beiträge veröffentlichen. Jürgen Scheer und Jessica Wolf aus der Unternehmenskommunikation der Stadtwerke verraten, worauf es bei bloggenden Mitarbeitern ankommt.
Mitarbeiter als Corporate Blogger: Das ist in vielen deutschen Unternehmen noch die Ausnahme. Warum haben Sie sich dazu entschieden, Ihre Mitarbeiter bloggen zu lassen?
Jürgen Scheer: Im Zuge des Markenrelaunchs unserer Dachmarke „Stadtwerke Neuss“ haben wir beschlossen, das Unternehmen zukünftig mehr über die Mitarbeiter zu präsentieren, sie sind schließlich die idealen Markenbotschafter. Als wir überlegt haben, wo wir die Mitarbeiter aktiv in die Kommunikation miteinbinden können und sie glaubhaft für das Unternehmen berichten lassen könnten, bot sich das im Oktober 2016 gerade eingeführte Onlinemagazin natürlich gut an.
Viele Unternehmen fürchten, die Kontrolle über ihre Inhalte zu verlieren, wenn Mitarbeiter im Namen des Unternehmens bloggen.
Jessica Wolf: Stimmt. Aber ich glaube, dass man diese Gefahr wunderbar vermeiden kann, wenn man während der Konzeptphase überlegt, wie die Mitarbeiter eingebunden werden sollen und die Kollegen vor allem aktiv in die Planung einbezieht. Wir haben zum Beispiel gemeinsam entschieden, unterschiedliche Rollen einzuführen. Von den zehn bis 12 Mitarbeitern aus allen Fachbereichen, die alle sechs Wochen zur Redaktionssitzung kommen und Themen diskutieren, schreiben eine Handvoll Mitarbeiter ihre Beiträge für das Stadtwerke Magazin selbst. Die anderen Kollegen teilen in der Redaktionssitzung „nur“ ihre Ideen, die wir in der Unternehmenskommunikation dann in Textform bringen. Beiträge, die von den Fachkollegen geschrieben werden, redigieren wir anschließend ebenfalls in der Unternehmenskommunikation.
Sie sprechen von zehn bis 12 Mitarbeitern, die regelmäßig am Corporate Magazin mitwirken. Wie haben Sie die Mitarbeiter für das Projekt – das ja zusätzlich zur normalen Arbeit „oben drauf kommt“ – gewonnen?
Scheer: Gerade Schwimmmeister und Busfahrer, die im Schichtdienst arbeiten, sind in unserem Redaktionsteam stark vertreten, weil sie sich ihre Arbeit gut einteilen können. Wobei natürlich klar ist, dass die Redaktionsarbeit als Arbeitszeit angerechnet wird und die Kollegen für ihre Aufträge von ihrer regulären Tätigkeit freigestellt werden. Uns war von Anfang an wichtig, dass alle Mitarbeiter und Führungskräfte verstehen, dass das Magazin kein Hobby ist, sondern Interessen des Unternehmens nach außen vertritt. Ich glaube das und der Wunsch der Kollegen, von ihrer Arbeit zu berichten, viele Mitarbeiter begeistert hat.
Nicht jeder Mitarbeiter ist ein geborener Schreiber – wie haben Sie die Kollegen auf ihre redaktionelle Tätigkeit vorbereitet?
Wolf: Zunächst einmal haben wir allen Redaktionsmitgliedern freigestellt, ob sie ihre Texte selber schreiben, oder von uns anfertigen lassen möchten. Wer Lust hatte, selbst zu schreiben, wurde zu Beginn des Projekts umfassend geschult. Aber natürlich ist die Schulung der Mitarbeiter auch ein laufender Prozess. Wenn ich die Artikel der Corporate Blogger redigiere, versuche ich ihnen jedes Mal ein paar konstruktive Verbesserungsvorschläge und Tipps mit auf den Weg zu geben. Gerade arbeiten wir zum Beispiel daran, Überschrift- und Teaser-Qualität zu verbessern.
Das hört sich nach ganz schön viel Aufwand an. Wie viel Arbeit stecken Sie in Ihr Corporate Magazin?
Wolf: Das ist ganz unterschiedlich und kommt stark auf die Themen an. Veranstaltungsankündigungen gehen schnell von der Hand. Wenn es inhaltlich komplexer wird, wie zum Beispiel bei unserer Trinkwasser-Schutzkooperation mit hiesigen Landwirten, kann ich auch schon mal zwei bis drei Arbeitstage pro Woche mit dem Magazin verbringen.
Welchen Einfluss hat das Stadtwerke Magazin auf die eigenen Mitarbeiter?
Wolf: Die Kollegen im Kundenservice bekommen häufig dieselben Fragen gestellt. Also zum Beispiel, wann die Eislaufsaison startet oder wie die neuen intelligenten Stromzähler funktionieren. Viele dieser Themen haben wir in den letzten eineinhalb Jahren ausführlich in unserem Magazin beantwortet, so dass die Mitarbeiter im Kundenservice nur noch auf das Magazin verweisen müssen. Außerdem nutzen die lokalen Medien unser Magazin auch zur Themenfindung. Wir hatten bereits mehrere Beiträge, die es bis in die lokale Tageszeitung geschafft haben.
Neben der guten externen Wirkung, hat mich die Interne aber am meisten überrascht: Wir haben inzwischen über 70 Mitarbeiter, die im Magazin erwähnt oder vorgestellt werden. Wenn man bedenkt, dass wir ein mittelständisches Unternehmen mit etwas über 500 Mitarbeitern sind, ist das ein verdammt hoher Schnitt, der dafür sorgt, dass die Kollegen sich auch untereinander über das Magazin austauschen und stolz sind, wenn wir ihre Arbeit auch mal zeigen.
Neue Erzähltechniken oder Trends im Editorial Design – in unserem Magazin beschäftigen wir uns mit Medien und Kommunikation.
Wir denken strategisch und arbeiten kreativ. Wir sind Experten für Corporate Medien mit Fokus auf Meinungsbildner, Öffentlichkeit und Mitarbeiter.
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