Neues Logo, neuer Claim, neue Farbe – seit November 2015 hat thyssenkrupp einen neuen Markenauftritt. Internal first war die Devise: Statt eine groß angelegte externe Kampagne zu starten, holte die Unternehmenskommunikation zuerst Mitarbeiter und Führungskräfte an Bord. Dr. Eric Marzo-Wilhelm, Leiter Interne Kommunikation, über blaue Muffins, Experimente mit dem Logo und die Rolle der internen Medien.
thyssenkrupp schreibt sich jetzt komplett in Kleinbuchstaben und setzt auf ein frischeres Blau, im Logo verschmelzen Ringe und Bogen miteinander. Wie kommt der neue Markenauftritt bislang an?
Sehr gut – und zwar intern wie extern. Viele spiegeln uns, dass der neue Auftritt für sie perfekt unseren Wandel zum modernen, diversifizierten Technologiekonzern versinnbildlicht. Ehrlicherweise gab es gerade zu Beginn auch Anmerkungen von Kollegen, das Logo sei für einen Technologiekonzern „hinreichend kompliziert“. Aber das kam meistens doch mit einem Augenzwinkern. Insgesamt nehmen die Mitarbeiter das neue Look & Feel, aber auch den Claim und die anderen inhaltlichen Komponenten sehr gut an.
Bis vor kurzem stand thyssenkrupp finanziell noch enorm unter Druck. Wie finden es die Mitarbeiter, dass der Konzern gerade jetzt in eine neue Marke investiert hat?
Wir haben ja erst unsere interne Aufstellung, unsere Strukturen und Prozesse angepackt, um uns aus der Krise zu arbeiten. Und erst danach unserem Markenauftritt. Dieser Schritt war aber auch immer als ein Baustein unserer Strategischen Weiterentwicklung vorgesehen. Insofern verstehen unsere Mitarbeiter den neuen Auftritt als genau die logische Konsequenz aus unserer Veränderung, die er ja auch ist. Natürlich haben uns die Mitarbeiter gefragt: „Ist jetzt der richtige Zeitpunkt und was kostet das?“. Deshalb haben wir hier den Dialog gesucht. Und wir konnten letztendlich gut erklären, dass wir den Launch mit vergleichsweise kleinem Budget stemmen und vor allem mit den Mitarbeitern an der Marke arbeiten wollen – nicht über eine große externe Kampagne.
Waren die Mitarbeiter denn beteiligt an der Entwicklung des neuen Auftritts?
Viele ja: Zu Beginn haben wir 6.000 Menschen nach ihrem Bild des Konzerns befragt. Im Mittelpunkt standen die Kunden, es waren aber auch 2.000 Führungskräfte und Mitarbeiter weltweit dabei, darunter viele aus der Produktion. Und von den Schiffbauern bis zu den Anlagenkonstrukteuren, Schlipsträger wie Blaumänner, da waren alle einer Meinung: Das Unternehmen muss mehr auf seine Kunden hören, moderner und frischer werden. Unser Claim „engineering. tomorrow. together.“ und das aktualisierte Logo drücken genau diesen Anspruch aus.
Extern kam der neue Markenauftritt im großen Stil erst zur Hauptversammlung zur Geltung, intern aber haben Sie ihn durchaus mit viel Aufwand vermarktet. Warum?
Weil wir wollen, dass die Mitarbeiter sich damit identifizieren können, dass sie stolz sind auf das neue Gesicht von thyssenkrupp. Die Mitarbeiter früher und viel stärker mit einzubeziehen als noch vor wenigen Jahren, in der alten Struktur und Kultur, ist integraler Bestandteil des Veränderungsprozesses, den wir im Konzern vorantreiben.
Was waren die Highlights der internen Kampagne, wie sind Sie vorgegangen?
Erst einmal haben wir eine Menge Workshops mit den einzelnen Unternehmen im Konzern durchgeführt, außerdem haben wir unsere internen Regional-Konferenzen genutzt. So konnten wir auf einer breiteren Basis an den wichtigen inhaltlichen Fragen arbeiten: Wie können die Kollegen unser neues Markenversprechen für die jeweilige Business Area übersetzen, wie auf die Ebene der Business Units herunterbrechen? Welche Sub-Marke gilt es weiter zu erhalten, wo kommt nur noch die Dachmarke zum Einsatz? Um solche Themen und viele mehr hat sich natürlich ein breit aufgestelltes Projektteam aus dem ganzen Haus gekümmert. Damit sich in der Kommunikation Spannung aufbaut, haben wir außerdem wenige Wochen vor dem Marken-Launch die Moments-Kampagne gestartet.
Ein spielerischer Auftakt für die Vermarktung, die Mitarbeiter sollten Bilder und Videos ihrer persönlichen „thyssenkrupp-Momente“ einsenden …
Genau, und diese emotionalen Momente haben wir dann in alle Kanäle der internen Kommunikation eingespeist. Wir haben dabei mit den Elementen des Claims gespielt, in einer anderen Reihenfolge. So konnten sich die Kollegen bereits mit den Begriffen beschäftigen, bevor der Claim als solcher „raus“ war. Und da waren tolle Sachen dabei: Mitarbeiter aus den USA haben blaue Muffins gebacken, die Meister der Raumdeko scheinen wir in Brasilien zu haben, in Indien gab es sogar einen Rangoli-Wettbewerb, bei dem die Mitarbeiter aus Pulver im neuen thyssenkrupp-Blau phantasievolle runde Mosaike hergestellt haben. Parallel haben wir den Dialog mit den Mitarbeitern über die neue Marke forciert, zum Beispiel über „direkt zu Hiesinger“, unsere Online-Plattform, auf der die Mitarbeiter ihre Fragen und Anmerkungen direkt an den Vorstand richten können.
Gab es auch kritische Stimmen?
Natürlich – und genau darum ging es uns ja, um echten Dialog. So konnten wir schon frühzeitig erkennen, wo es hakt, was wir noch besser erklären müssen. Im November haben wir den neuen Markenauftritt dann offiziell intern vorgestellt. Alle 150.000 Mitarbeiter bekamen ein Starter Kit mit Aufklebern, Kugelschreibern, Kaffeetasse und Ähnlichem. Ein Schmankerl war sicher auch die Sprüh-Schablone für das Logo. Die haben wir während unserer „brandweek“ hier in Essen sogar ganz offensiv genutzt: Die Mitarbeiter konnten das neue Logo mit einer Schablone an eine Wand sprühen, das hat einige Kreativität ausgelöst.
Was hat Ihr Branding-Chef dazu gesagt? Experimente mit einem Logo sind doch eigentlich ein Tabu.
Stimmt, wir haben das durchaus kontrovers diskutiert. Genauso wie die Aktion, von Mitarbeitern abgewandelte oder verzierte Logos in der we.online zu zeigen, der digitalen Variante unserer Mitarbeiterzeitung. Ich finde, es ist ein Zeichen von Souveränität, so etwas zuzulassen. Wer will, dass sich Mitarbeiter wirklich mit dem neuen Auftritt beschäftigen, und dabei von Kreativität und Spaß an der Sache spricht, der darf bei so etwas nicht kneifen.
Sie sprachen von der we.online. Welche Rolle spielten die gedruckten Medien in Ihrer internen Kampagne?
Schon eine große! Wenn man ehrlich ist, dann gibt es zwar eigentlich keine richtigen Non-Digitals mehr. Die Frage ist nur, ob man die Kollegen auch erreicht. Gerade in Asien nutzen die Mitarbeiter zum Beispiel am liebsten ihr Smartphone, um sich zu informieren. Das gilt auch für Kollegen in der Produktion beispielsweise in Südamerika, oder im Service in Nordamerika. Deshalb haben wir die moments-Kampagne und andere online-Bausteine ganz bewusst auch ins Internet gestellt – damit uns keine internen Firewalls und Passwortanmeldungen eine Hürde aufbauen. Print aber drückt noch einmal eine ganz andere Wertschätzung für die Adressaten aus. Deshalb haben wir eine aufwendige, 60-seitige Sonderausgabe der we mit Beilegern und Poster zum Markenlauch veröffentlicht, in insgesamt acht Sprachen. Die haben die Kollegen uns quasi aus den Händen gerissen.
Jetzt liegt der interne Launch der Marke schon einige Wochen zurück. Was nehmen Sie persönlich mit aus der Kampagne, was ist Ihnen im Gedächtnis geblieben?
Dass es ganz schön aufwendig ist, den Starter Kit-Versand an 150.000 Menschen zu organisieren. Und dass häufig diejenigen, die am Anfang die größten Vorbehalte äußern, am Ende mit der größten Begeisterung mitziehen. Dialog heißt nicht serieller Monolog – das ist für mich die wichtigste Erkenntnis. Wer Kollegen zum Mitmachen auffordert, muss sie dann auch zu Wort kommen lassen, zuhören und zu einem gemeinsamen Ergebnis kommen. Das braucht Vertrauen und die Fähigkeit, bisweilen mal loszulassen. Beides zahlt sich aus, wie wir an der Moments-Kampagne gesehen haben: Dann inspirieren die Kollegen sich gegenseitig und entwickeln eine Kreativität, die sich hoch motivierend auf alle auswirkt. Und die macht vor der Konzernzentrale nicht halt. Im Gegenteil, die hat uns hier ganz gut getan.
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