„Mich reizt das Plakative“

Für die Magazine unserer Kunden arbeiten wir immer wieder mit Illustratoren zusammen. Andreas Steinbrecher ist einer von ihnen. Wir sprachen mit ihm über illustrative Trends in der Unternehmenskommunikation, plakative Zeichnungen – und warum ihn eine kleine Raupe einmal richtig ins Schwitzen brachte.

Warum bist du Illustrator geworden?

Die Begeisterung fürs Zeichnen und Malen begleitet mich seit frühester Kindheit. Vielleicht liegt das auch ein wenig daran, dass ich einen sogenannten „Migrationshintergrund“ habe und erst mit vier Jahren nach Deutschland gekommen bin. Im Kindergarten habe ich erst einmal kein Wort verstanden, aber wenn ich angefangen habe zu zeichnen, war ganz schnell eine Verbindung zu den anderen Kindern da. Zeichnen war für mich Kommunikation, und ich habe dann einfach bis heute nicht mehr damit aufgehört. Später war für mich klar, dass ich Kommunikationsdesign studieren werde. Ich bin der Meinung, dass ein Illustrator sich nicht nur dem Zeichnen widmen sollte, sondern auch ein gutes geschultes gestalterisches Auge für Fotografie und Typografie entwickeln sollte. So kann man die Illustration immer in einem größeren Zusammenhang sehen und auch die Anwendungsfelder von Illustration erweitern.

Wie entsteht eine Illustration?

Ich würde jetzt gerne von meinen geheimen seltsamen Kreativtechniken und Momenten der Erleuchtung berichten, tatsächlich steckt aber keine große Romantik dahinter. Der Ablauf ist normalerweise so: Zunächst einmal erhalte ich ein Briefing vom Kunden und tausche mich mit ihm darüber aus, falls noch Fragen offen sind. Die ersten Ideen halte ich dann mit analogen Skizzen fest, die ich noch recht grob und schnell ausführe. Dazu recherchiere ich am Anfang sehr viel, schaue mir Fotomaterial an und halte Ausschau nach Bildern, die der Stimmung entsprechen, die ich in dem Thema sehe. Ob ich die Entwurfszeichnung dann analog oder digital mache, entscheide ich von Fall zu Fall. Diese Zeichnung ist die Grundlage für die Abstimmung mit dem Kunden, der dann Wünsche zur Korrektur und Anpassung äußern kann, die ich anschließend umsetze. Dieser Prozess kann sich mehrmals wiederholen, bis das Ergebnis stimmt.

Über welche Änderungsvorschläge kannst du heute noch schmunzeln?

Ganz am Anfang meiner Arbeit als Illustrator war ein kleiner Auftrag, der etwas eskaliert ist. Ich nenne dieses Erlebnis heute rückblickend „Raupenstreit“. Ich sollte eine kleine Raupe zeichnen, die eigentlich unauffällig war und auch nicht viel Raum eingenommen hat. Leider hatte die Person, für die ich die Raupe gezeichnet habe, sehr genaue Vorstellungen von ihrer „idealen Raupe“. Ich habe bestimmt sieben ganz unterschiedliche kleine Wesen gezeichnet, bis es endlich gepasst hat. Damals haben mich die Raupen ganz schön ins Schwitzen gebracht, heute denke ich belustigt daran zurück.

Was macht eine gute Illustration für dich aus?

Ich mag Illustrationen, die ganz zwanglos und mit sicherer, schneller Hand aufs Papier gebracht sind. Auch reizt mich eher das Plakative, das heißt wenn es eine Illustration schafft, mit einfachen Formen eine komplexe Botschaft zu vermitteln.

Viele Unternehmen arbeiten eher mit Bildern, als einen Illustrator zu beauftragen. Was kann eine Illustration besser als eine Fotografie?

Das Foto ist auf den ersten Blick objektiv und entspricht mehr unserem Sehen. Es ist konsumfreudiger als die Illustration. Im Gegensatz zur Fotografie schafft die Illustration zunächst eine Barrikade: Das Gefüge aus Linie, Form und Farbe muss entschlüsselt und übersetzt werden, noch bevor es inhaltlich rezipiert wird. Viele Kunden scheuen diese erste Barrikade, weil sie befürchten, der Betrachter könnte ihre Inhalte überspringen. Doch das Entschlüsseln birgt auch einen besonderen Reiz und sorgt dafür, dass der Betrachter sich intensiver mit dem Thema auseinandersetzt. Eine Illustration bietet die Möglichkeit, komplexe Sachverhalte vielschichtig, verständlich und auf den Punkt zu transportieren.

Welche Botschaften oder Ziele verbinden Unternehmen häufig mit Illustrationen?

Illustrationen kommen häufig zum Einsatz, wenn abstrakte Inhalte vermittelt werden sollen – zum Beispiel bestimmte Firmenphilosophien und Strategien. Auch Produkte, die nicht direkt greifbar sind, wie Versicherungen oder Finanzpakete, lassen sich mit Illustrationen besser an Kunden vermitteln und damit verkaufen. Illustrationen stehen außerdem für Jugendlichkeit und werden häufig genutzt, um eine junge Kundengruppe anzusprechen. Zeitschriften und Broschüren erhalten einen abwechslungsreicheren Look, wenn darin auch Illustrationen zu finden sind.

Unterliegen Illustrationen in der Unternehmenskommunikation Trends?

Ich würde sagen: Die Illustration selbst ist der Trend. Früher wurden in der Unternehmenskommunikation in Deutschland nur sehr wenige Illustrationen eingesetzt, während das in anderen Ländern schon immer ein Thema war. Es ist eine sehr gute Entwicklung, dass jetzt auch hierzulande viel mehr illustriert wird –nicht nur weil das mein Geschäft befördert, sondern auch, weil die Publikationen dadurch individueller und abwechslungsreicher werden.

Über den Autor

Mirjam Sieger

Ob Hunde, Pflanzen oder Urbanismus – Mirjam kennt zu jedem Thema das passende Nischenmedium. Als Sammlerin guter Magazine lässt sie sich von Indie-Neuheiten genauso inspirieren wie von Flohmarktfunden. Dabei entstehen dann auch schon mal neue Bildkonzepte und Grafikideen, die sie in ihre Arbeit bei ZE miteinfließen lässt.

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