Warum zählen die eigenen Mitarbeiter nur so wenig?

Erst die Aktionäre – parallel die Presse –, dann die Kunden, und wenn dann noch Zeit ist auch die eigenen Leute. Das ist die gewöhnliche Reihenfolge. Oft aber ist keine Zeit. Dann wird einfach die Pressemitteilung als Anhang einer kurzen Mail auch intern verschickt. Auch Jahre nachdem Interne Kommunikation zu einer Management-Disziplin erhoben wurde, zählen die Mitarbeiter in vielen Unternehmen erschreckend wenig. Noch erschreckender ist, dass selbst Marketing-Experten offenbar immer noch nicht die Bedeutung der Mitarbeiter im Rahmen einer strategischen Stakeholder-Kommunikation erkannt haben.

Bindungslose und Pflegefälle

Im Web Excellence Forum (WebXF) zusammengeschlossene Marktforscher haben jüngst die Social-Media-Auftritte führender deutscher Unternehmen untersucht. Sie wollten herausbekommen, wie groß der Anteil der wahren Fürsprecher ist, der so genannten Brand Advocates, die sich aus eigenem Antrieb auf einer Fanpage oder bei Twitter positiv über die Marke äußern. Dabei nahmen die Marktforscher eine Typisierung vor, die in eine Unterscheidung von Bindungslosen, Pflegefällen, Kritikern, stillen Multiplikatoren und Brand Advocates mündete. Die größte Gruppe aber, staunt die Studie, sind mit 47 Prozent die eigenen Mitarbeiter. „Hier zeigt sich eine Kluft zwischen den anvisierten und den tatsächlich erreichten Zielgruppen“, so die Studie. Während die Dialogangebote der Fanpage-Betreiber auf Kunden und Interessenten abzielten, erreichten sie häufig eigene Mitarbeiter.

O Wunder! Die eigenen Mitarbeiter interessieren sich für das, was der Arbeitgeber in sozialen Netzwerken treibt – dabei sind die gar nicht für sie gemacht. Man weiß nicht, über was man mehr staunen soll: darüber, dass die eigenen Leute als Zielgruppe in den sozialen Medien der Unternehmen nicht zählen oder darüber, dass sich Marktforscher über die Aktivität der Mitarbeiter wundern. Chancen für die Interne Kommunikation? Die Studie zieht dann zum einen folgenden Schluss: Die wirklich wirksamen Zielgruppen sind die bislang verkannten, eher leisen Nutzer. Heißt im Umkehrschluss: Mitarbeiter sind keine wirksamen Zielgruppen. Sollte man nicht vielmehr annehmen, dass sie im Zweifel die überzeugtesten Markenbotschafter sind? Noch dazu am einfachsten zu mobilisieren?

Am Rande wird ein weiterer Schluss gezogen, nämlich, dass sich aus den Ergebnissen „Chancen für die interne Kommunikation“ ergäben. Und noch mal Widerspruch: Wenn diese Studie einen Schluss zulässt, dann den: Mitarbeiter sind die am meisten vernachlässigten und gleichzeitig wertvollsten Markenbotschafter. Hier bieten sich nicht Chancen für die interne Kommunikation, sondern für Image-Kommunikation und Marketing, indem man die Mitarbeiter als Botschafter nutzt.

Wie sinnvoll das sein kann, zeigen im Übrigen die Wünsche der „eigentlichen Zielgruppen“. Die würden unter anderem gern interessante Bilder, Einblicke in den Unternehmensalltag, Videos oder Storys über Mitarbeiter auf den sozialen Plattformen der Unternehmen finden, hat die Studie herausgefunden. Wer besser und authentischer als die Mitarbeiter selbst könnte das liefern?

Über den Autor

Lutz Zimmermann

Vom kleinen Dachstudio ins Großraumbüro in Ehrenfeld – seit Lutz die Agentur 2011 gegründet hat, ist aus einem Zwei-Mann-Unternehmen eine 13-köpfige Agentur geworden. Was sich in all der Zeit nicht geändert hat, ist Lutz‘ Liebe für flache Hierarchien und griffige Überschriften. Und wenn der 1. FC Köln nicht gerade verloren hat, ist er jederzeit für einen Plausch über Sport zu haben.

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