„Was offline nicht funktioniert, scheitert auch digital“

Der Krankenhausbetreiber RHÖN-KLINIKUM AG führt nächstes Jahr ein Social Intranet ein. Was bei der Einführung zu beachten ist und wieso Führungskräfte dabei nur eine untergeordnete Rolle spielen, darüber haben wir mit Christian Bodden, Leiter Interne Kommunikation bei der RHÖN-KLINIKUM AG, gesprochen.

Was war Eure Motivation, ein Social Intranet einzuführen?

Unser bisheriges Intranet, mit dem wir nur einen Bruchteil der Mitarbeiter erreichen, läuft auf einer veralteten Software, die nicht mehr aktualisiert wird. Die einzigen Kanäle, über die wir Mitarbeiter an allen fünf Standorten erreichen, sind das Mitarbeitermagazin und E-Mails. Wobei es auch hier ein ABER gibt: Als Klinikkonzern mit wenigen „Schreibtischtätern“ erreichen wir nur 40 Prozent aller Mitarbeiter über elektronische Medien. Mit dem Social Intranet wollen wir daher vor allem einen zusätzlichen Kanal schaffen, den wir dazu nutzen, den Wissensaustausch zwischen den Kliniken zu fördern. Wir setzen in unserem Unternehmen auf die Kraft von starken Netzwerken. Das neue Social Intranet mit seinen Foren und Beitragsmöglichkeiten soll gerade das unterstützen: Kommunikation von allen an alle.

Hat da niemand laut „Kontrollverlust“ geschrien?

Viele Führungskräfte haben erstmal Angst, wenn sie „Social Intranet“ hören. Weil sie sich vor der Kritik ihrer Mitarbeiter fürchten bzw. vor einer Form von Kommunikation, die an ihnen vorbeigeht, letztlich also tatsächlich vor Kontrollverlust. Was sie vor lauter Angst übersehen, ist die Selbstregulierung eines solchen Mediums: Unser System funktioniert zudem über eindeutige Logins, anonyme Kritik wird also nicht möglich sein. Trotzdem muss man die Sorgen natürlich ernst nehmen, denn dahinter steckt dieses unbestimmte Gefühl, dass alles anders wird und dass man sich in der neuen Welt des Unternehmens nicht mehr zurechtfindet. Veränderung stößt immer erst einmal auf Abwehr. Deshalb ist es ja so wichtig, dass man die Mitarbeiter und Führungskräfte behutsam mitnimmt auf den Weg in eine auch digitale Kommunikationskultur.

Viele Unternehmen haben das Problem, dass ihre Mitarbeiter soziale Unternehmensmedien erst gar nicht nutzen. Wie wirkst Du dem entgegen?

Ja, das ist vielleicht sogar das größere Problem. Es ist klar: Was offline nicht funktioniert, scheitert auch digital. Sprich: Wenn in einem Unternehmen analog keine offene Kommunikation stattfindet, wird es sie auch im Social Intranet nicht geben. Hinzu kommt, dass man generell nicht erwarten kann, dass sich Menschen im beruflichen Umfeld genauso offen geben wie sie das privat tun. Schon deshalb wird ein Social Intranet nie genutzt werden wie Facebook oder andere soziale Medien im privaten Umfeld. Wir planen derzeit eine Kampagne, die offene Kommunikation online und offline fördern soll. Außerdem werden wir in der Anfangsphase mit Multiplikatoren aus unterschiedlichen Bereichen unseres Unternehmens arbeiten, um Schwung in die Foren zu bringen.

Mit Multiplikatoren meinst Du gut vernetzte Führungskräfte?

Nein, ich glaube, bei der Einführung eines Social Intranets greift die alte Change-Regel nicht, nach der man die Führungskräfte als Erstes einbinden muss. Vielmehr bin ich der Meinung, dass man funktions-, und hierarchieübergreifende Benutzergruppen braucht, um gleich klar zu machen, dass es sich bei dem Social Intranet nicht um ein Management-Tool handelt. Wir wollen ja weg von der Kommunikationshoheit einiger weniger ausgewählter Kommunikatoren und Manager und hin zur Gruppenkommunikation. Das ist die eigentliche Kulturrevolution, nicht die Nutzung einer technischen Plattform.

Welche Learnings nimmst Du aus dem Projekt mit?

Man muss die Einführung eines solchen Social Intranets nicht als ein technisches Release planen, sondern als einen tiefgreifenden Veränderungsprozess, der in alle Winkel des Unternehmens hineinwirkt. Entsprechend muss man sich „Verbündete“ suchen, standort- und funktionsübergreifend. Ganz wichtig ist natürlich die IT-Abteilung, die man ja für die technische Umsetzung braucht. Aber auch andere Stabsbereiche bis hin zum Betriebsrat sind wichtig. Eben weil die Skepsis Veränderungen gegenüber immer hoch ist, braucht es schon im Vorfeld der Veränderung – nicht erst am Tag X – Befürworter und Treiber. Ein anderes Learning: Man sollte für die Frage, wie man die Menschen auf die Plattform bekommt und wie man sie zur Aktivität bewegt, genauso viel Zeit verwenden wie für alle technischen Fragen im Vorfeld. Nicht das Tool an sich, also die technische Lösung, ist die Herausforderung. Sondern der kulturelle Wandel. Und der wird Jahre brauchen, darüber muss man sich im Vorfeld klar sein.

Über den Autor

Julia Jansen

Fotografen buchen, Reportagen schreiben, Beiträge mit den Kunden abstimmen und nebenbei noch die Kollegen an den Redaktionsschluss erinnern – Julia kümmert sich darum, dass aus Magazinkonzepten echte Hefte werden. Ihr liebster Moment während der Produktion ist die Recherche, wenn sie wie eine Goldgräberin nach der besten Geschichte forschen kann.

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