Fachbeitrag
21
06
2023

Betreff: Warum soll ich das lesen?

Meist hat sie nur wenige Zeichen. Aber die sind entscheidend für Newsletter und Mailings. Deshalb gibt es viele Tipps, wie eine Betreffzeile aussehen soll. Aber wie viel taugen solche Empfehlungen wirklich?
Fachbeitrag
21
06
2023

Betreff: Warum soll ich das lesen?

Meist hat sie nur wenige Zeichen. Aber die sind entscheidend für Newsletter und Mailings. Deshalb gibt es viele Tipps, wie eine Betreffzeile aussehen soll. Aber wie viel taugen solche Empfehlungen wirklich?
Betreff: Warum soll ich das lesen?

Beim Wort „Betreffzeile“ werden Erinnerungen an papiergebundene Behörden wach. Tauchen jetzt nicht Bilder von Hängeregister, Laufmappe und Rohrpost auf? Von müden Menschen, die mit Aktenvermerken, Antragsformularen und in Ärmelschonern hantieren? Gut, letztere gibt es schon lange nicht mehr. Aber die Betreffzeile schon. Sie hat sich nicht transformiert, ist einfach vom Brief zur Mail gewandert: Von, An, Betreff – so steht es da. Sogar im Digital Marketing, wo ein großes Bohei um die kurze Zeile gemacht wird und wo täglich neue nerdig-technoide-Buzzwords kreiert werden, selbst da nennen die Marketers die kleine Zeile in staubigem Amtsdeutsch.

Gibt es Regeln für einen guten Betreff?
Eine gute Betreffzeile zu formulieren, ist solides, fortgeschrittenes Kommunikationshandwerk. Mit diesen Tipps kommt man schon recht weit.

1. Eine gute Betreffzeile ist prägnant
Kurz und präzise und idealerweise nicht mehr als 60 Zeichen – darin liegt die Kunst. Ist der Betreff länger, könnte der Mail-Client sie in der mobilen Ansicht nicht vollständig anzeigen.

2. Eine gute Betreffzeile ist klar und verständlich
Wäre es nicht wunderbar, man wüsste sofort, um was es in der E-Mail geht, welchen Nutzen ich haben könnte, wenn ich die E-Mail anklickte und lese?

3. Eine gute Betreffzeile macht neugierig
Eine Frage, eine interessante Aussage oder ein Teaser, der einen Mehrwert oder eine Lösung verspricht, motiviert eher zum Öffnen der Mail als ein Betreff, der schon alles verrät.

4. Eine gute Betreffzeile vermeidet Spam-Wörter
Niemand möchte, dass eine E-Mail im Spam landet. Also geht es darum, Spam-Merkmale zu vermeiden. Das ist gar nicht so einfach, weil es keine Liste gibt, welche Wörter sozusagen verboten sind und nach welchen Regeln die Filter arbeiten. Grundsätzlich hilft: Nicht zu laut, zu werblich und zu unglaubwürdig formulieren.

5. Eine gute Betreffzeile lässt sich testen
Um die Wirksamkeit einer Betreffzeile zu testen, bietet es sich an, Varianten an eine ausgewählte Zielgruppe zu senden. So lässt sich herausfinden, welcher Text die besten Öffnungsraten erzielt.

Alles richtig und trotzdem falsch?
Keine Frage, die kleine Zeile hat eine große Wirkung. Schließlich entscheidet der Betreff oft darüber, ob man einen Newsletter, eine Ankündigung oder ein anderes für die Absender:innen wichtiges Mailing öffnet oder nicht. Bei all den gutgemeinten Regeln für den perfekten Betreff bleibt dennoch ein hohles Gefühl. Ja, nennen wir es ruhig Bauchgefühl, auch wenn dies im SEO- und Datenzeitalter für alles steht, was alt und überholt ist. Dieses Bauchgefühl sagt, mit perfekten Betreffzeilen verhält es sich wie mit perfekt gestylten Menschen: Identität und Authentizität bleiben auf der Strecke.

Wer spricht, wann und wie?
Die perfekten 60 Zeichen gibt es also gar nicht. Denn die Wirksamkeit des Betreffs hängt noch mit weiteren Faktoren zusammen. Großen Einfluss auf die Öffnungsrate hat die Absenderadresse. Bekannte Absender:innen haben einen Vertrauensvorsprung, allerdings fällt es ihnen auch schwerer, die Adressat:innen zu überraschen. Tageszeit sowie Tagesstimmung und individuelle Vorlieben und Abneigungen spielen natürlich auch eine Rolle. Das Wichtigste ist jedoch, dass die Tonalität des Betreffs zur Art des Newsletters und zu den Anwender:innen passt und man dann auch bei diesem Ton bleibt. So bauen sich Vertrauen und Glaubwürdigkeit auf. User erkennen den Newsletter wieder und im besten Fall freuen sie sich darauf. Wie unterschiedlich Betreffzeilen wirken und wie sehr sie im Kontext zu sehen sind, zeigen diese Beispiele:

1. WirtschhaftsWoche Daily Punch:
🥊 Politische Willkür gegen Vermieter: Wozu das Vorkaufsrecht für Wohnungen führt
Der Absender ist eindeutig. Hier erfährt man, von wem der Newsletter ist, nämlich von der WirtschaftsWoche, und um welchen Newsletter des Verlags es sich handelt, den Daily Punch. Der Betreff wird mit einem Emoji eingeleitet – passend zum Namen des Newsletters mit einem Boxhandschuh. Der folgende Text ist zweigeteilt: Ein emotionaler Anlauf und dann die erklärende Auflösung, die bei vielen Darstellungen nicht komplett zu lesen sein wird. Fazit: Emoji und die wertende Aussage „politische Willkür“ geben dem Betreff einen lauten, leicht boulevardesken Ton. Insgesamt ist der Betreff etwas zu lang.

2. t3n Redaktion:
Entwicklung & Design-Newsletter vom 06.03.23
Der Absender ist klar, hier verteilt die Redaktion von t3n einen ihrer Newsletter. Welcher es ist, sagt die Betreffzeile, nämlich der Entwicklung & Design-Newsletter. Der Stil der Ankündigung ist rein informativ und unspezifisch – bis auf das Datum ist der Betreff jedes Mal gleich. Die Formulierung ist sprachlich etwas ungelenk. Beim schnellen Lesen könnte man bei „Entwicklung“ ein Genitiv-S vermissen. Da der Betreff bis auf das Datum immer gleich heißt, prägt sich der Newsletter schneller ein, allerdings erfährt man nichts über die aktuellen Inhalte. Fazit: Die nüchtern-sachliche Form des Betreffs wirkt unpersönlich und bürokratisch. Man könnte aus dem uninspirierten Betreff den Schluss ziehen, dass die Redaktion selbst wenig Interesse an ihren Inhalten hat.

3. Zimmermann Editorial GmbH:
Wer war’s, KI oder Künstler:in? – Post von Zimmermann Editorial
Hier nehmen wir mal den Agentur-eigenen Newsletter unter die Lupe. Der Absender stellt sich mit seinem vollständigen Unternehmensnamen vor. Der Betreff ist zweiteilig aufgebaut. Die Frage „Wer war’s, KI oder Künstler:in?“ weckt Interesse, es steckt auch das Versprechen nach einem unterhaltenden Element darin. Die Adressat:innen könnten ein Quiz oder etwas Ähnliches erwarten. Das anschließende „Post von Zimmermann Editorial“ schafft einen erklärenden Rahmen für den Teaser. Fazit: Der Betreff macht neugierig und ist mit 63 Zeichen in der Länge noch in Ordnung. Die Absenderadresse könnte noch besser genutzt werden und statt des Unternehmens den Namen des Newsletters nennen: „Post von Zimmermann Editorial“ oder „ZE-Newsletter“.

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