Tipps und Tricks zum Kreativwerden findet man im Internet zu genüge – auch von uns. Wie man ganz strukturiert im Team kreativ werden kann, weiß unser Gastautor Jonas Larbalette. Er leitet Teams in Workshops zur Ideenfindung an und verrät uns seine Tipps und besten Methoden.
Tipps und Tricks zum Kreativwerden findet man im Internet zu genüge – auch von uns. Wie man ganz strukturiert im Team kreativ werden kann, weiß unser Gastautor Jonas Larbalette. Er leitet Teams in Workshops zur Ideenfindung an und verrät uns seine Tipps und besten Methoden.
Kreativität ist für mich die Fähigkeit, neue, nützliche Ideen zu entwickeln. Wir alle kennen Menschen, die einfach kreativ veranlagt sind und immer auf gute Ideen kommen. Der Begriff „Fähigkeit“ zeigt aber schon, dass ich Kreativität als Muskel sehe, den wir trainieren können, weil wir ihn alle haben. Schließlich hatten wir alle mal eine Phase in unserem Leben, in der wir sehr kreativ waren: unsere Kindheit. Denn Kinder haben noch nicht gelernt, ihre Ideen und die anderer Kinder rational nach ihrer Umsetzbarkeit zu bewerten.
Deshalb gilt in meinen Workshops zur Ideenfindung: Jede Idee wird als möglich erachtet und nicht bewertet – weder positiv noch negativ. So können wir viel freier denken. Auch eine spielerische Atmosphäre kann Ideen fließen lassen, denn die Kontexte, in denen wir sonst arbeiten, sind geprägt von sehr logischem, schnellem und lösungsorientiertem Denken. In meinen Workshops gibt es deswegen immer kleine spielerische Elemente, beispielsweise ein „Schnick, Schnack, Schnuck“-Turnier.
Eine verspieltere Stimmung kann aber auch anders hergestellt werden: durch Musik, die Dekoration des Raumes – ich habe eine Zeit lang immer eine Wimpelkette aufgehangen – oder durch die Möbel. Unsortiert angeordnete Stühle zeigen, dass wir hier einen Spielraum haben und keinen klassischen Meetingraum.
Gleichzeitig bin ich ein Befürworter von Zeitdruck. Natürlich muss man sich im Alltag Räume schaffen, um kreativ sein zu können. Dann kann es aber hilfreich sein, in einem strengen Zeitrahmen zu arbeiten. Denn wir sammeln erstmal Ideen und haben gar keine Zeit, sie zu bewerten. Außerdem bin ich ein Fan von Brainwriting, das dem Brainstorming entgegensteht: Statt in offener Runde Ideen zu sammeln, starten wir mit einigen Minuten, in denen alle in Stillarbeit ihre Gedanken aufschreiben. Meiner Erfahrung nach können introvertiertere Menschen dadurch besser ihre Ideen in die Gruppe einbringen. Das sind die Grundbedingungen, unter denen wir kreativer werden können.
Aber wie trainieren wir jetzt den Muskel, der uns auf gute Ideen bringt? Ein Anfang sollte sein, feste Zeitfenster einzuplanen, in denen wir uns treffen können, um strukturiert auf Ideenfindung zu gehen. Mein Pro-Tipp: Ernennt jemanden, der oder die sich in eurem Team darum kümmert, dass diese Treffen wirklich strukturiert ablaufen. Struktur geben die unzähligen Kreativitätsmethoden dieser Welt. Diese fünf kann ich jedem Team empfehlen:
1. ABC
Für die ABC-Methode braucht man nichts außer einen Stift, ein Blatt Papier und das Alphabet im Kopf. Auf das Blatt Papier schreiben wir untereinander die Buchstaben des Alphabets und überlegen uns in einem kurzen Zeitfenster – beispielsweise 10 Minuten – in Stillarbeit etwas für jeden Buchstaben. Dadurch werden wir gezwungen, in neue Richtungen zu denken und kommen teilweise auf absurde Ideen. Ich streue dabei gern einen kleinen Wettbewerb ein: Wer kommt auf die meisten Ideen oder befüllt sogar das ganze Alphabet? So generieren wir innerhalb kürzester Zeit pro Person 26 Ideen, die dann in Ruhe weitergesponnen, sortiert und bewertet werden können.
2. 6-3-5
Eine weitere Methode ist 6-3-5. Dafür schreiben sechs Teilnehmende in drei Spalten jeweils eine Idee für eine Fragestellung auf ein Blatt Papier. Dafür haben sie zwei Minuten Zeit. Anschließend werden die Blätter in eine Richtung weitergegeben. Der oder die nächste entwickelt die vorherige Idee weiter – oder kommt dadurch auf eine ganz neue Idee. Nach zwei Minuten werden die Zettel wieder weitergegeben. Nach fünf Tauschrunden kommt man so innerhalb von wenigen Minuten auf 108 Ideen. Ein beispielhaftes 6-3-5-Template zum Ausdrucken könnt ihr hier herunterladen.
3. Perspektivwechsel
Um die Perspektiven zu wechseln, gibt es ganz unterschiedliche Ansätze. Oft reicht es, den Gruppen eine andere Blickrichtung vorzuschlagen: Wie würde Kanye West, Elon Musk oder Superman euer Problem lösen? Oder: Wie hätte man euer Problem 1742 oder ohne Internet gelöst? Dieser Ansatz hilft zum Beispiel gut, wenn der kreative Prozess einer Gruppe ins Stocken geraten ist – denn er befreit und lässt spielerisches Denken zu.
4. Kopfstand
Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Gegenteil- oder Kopfstanddenken. Statt zu fragen: „Was müssen wir tun, damit wir erfolgreich sind?“, könnte die Frage lauten: „Was müssen wir tun, um zu scheitern?“. Daraus können erstmal sinnlos erscheinende Ideen entstehen, aus denen man dann aber etwas Konstruktives entwickeln kann.
5. Lotusblüte
An einer großen Tafel oder auf einem großen Tisch bildet die Arbeitsfrage den Mittelpunkt der Blüte. Drumherum ordnen wir acht Zettel oder Post-Its an, auf denen erste, recht allgemeine Antworten auf diese Fragen stehen. Zu jedem dieser acht Zettel werden weitere acht Zettel mit Varianten dieser Ideen angeordnet. So entsteht ein riesiges Bild mit vielen Ideen. Der Vorteil: Wir bauen auf den Ideen anderer auf, entwickeln sie weiter oder kombinieren sie miteinander.
Über Jonas:
Als Moderator, Facilitator und systemischer Coach unterstützt Jonas Larbalette bei allen Aufgaben rund um die Themen Workshops, Gruppenprozesse und Teamentwicklung. Inhaltlich fühlt er sich in den Bereichen Strategieentwicklung, Ideenfindung, Kommunikationsplanung, Teamentwicklung und Konfliktberatung zu Hause. Alles zu Jonas findet ihr hier: https://jonaslarbalette.com/