Rund 20.000 Entscheidungen trifft jeder Mensch im Laufe eines Tages. Und es werden immer mehr. In den 1970er-Jahren konnte man sich im deutschen Fernsehen noch zwischen zwei Sendern entscheiden, heute stehen einem allein bei Streaming-Diensten wie Netflix über 4.000 Filme jederzeit zur Auswahl. In den Medien hat sich für unsere dadurch entstandene Entscheidungsmüdigkeit sogar ein neuer Begriff gefunden: „Decision fatigue“.
Ein wesentlicher Teil der Arbeit von Unternehmenskommunikator:innen besteht darin, Menschen zu bestimmten Entscheidungen zu bewegen, zum Beispiel zum Kauf eines Produkts, zur Nutzung eines neuen digitalen Tools oder zu einem nachhaltigeren Verhalten. Erschwert es uns also unseren Job, wenn wir immer entscheidungsunfreudiger werden?
Mehr Entscheidungsmöglichkeiten = intuitivere Entscheidung
Im Gegenteil, tatsächlich kann Kommunikator:innen die Entscheidungsmüdigkeit sogar in die Karten spielen. Denn je häufiger wir uns entscheiden müssen, desto mehr strengt es uns an. Und noch mehr ermüden wir, wenn uns das Treffen einer Entscheidung viel logisches Nachdenken kostet. Im Umkehrschluss wählen wir dann gerne den Weg des geringsten Widerstandes – und treffen Entscheidungen häufiger schnell, intuitiv und emotional. Hier kommt eine Methode aus der Verhaltenspsychologie ins Spiel: das Nudging.
Der Begriff leitet sich vom englischen Wort „to nudge“ ab, das so viel bedeutet wie „anstupsen“. Gemeint ist damit, Menschen durch kleine „Stupser“ subtil zu einer bestimmten Entscheidung zu bewegen. Oft geht es dabei um Verhaltensänderungen. Dabei gibt es unterschiedliche Arten von Nudging. Besonders spannend für uns als Kommunikator:innen sind die Folgenden: Vereinfachung, sozialer Druck und Reminder.
Wie funktioniert Nudging?
Beim Vereinfachen geht es darum, Informationen möglichst schnell erfassbar zu machen, Themen herunterzubrechen, gerne mal grafisch und plakativ zu erklären und einfache Sprache zu nutzen. Ein Beispiel: Die Nährstoffampel, die mit einem Blick zeigt, wie gesund ein Lebensmittel ist.
Beim sozialen Druck betont man, dass ein Großteil von Personen sich bereits in die angestrebte Richtung verhält. Einige Hotelketten weisen in ihren Badezimmern beispielsweise darauf hin, dass neun von zehn Gästen die Handtücher mehrfach verwenden, und stupsen damit andere Gäste an, genauso zu handeln. In der Unternehmenskommunikation könnte man Vergleichszahlen wie diese in Newslettern oder Intranet-Posts verarbeiten, wenn Mitarbeitende neue Tools nutzen oder nachhaltigere Verhaltensweisen etablieren sollen.
Beim Reminder geht es darum, wie und vor allem wie oft etwas kommuniziert wird. Viele Arbeitsabläufe im Joballtag wiederholen sich regelmäßig, zum Beispiel das Einloggen in ein Computerprogramm. Wer bei jedem Login mit einem Startbild auf dem PC daran erinnert wird, das Licht beim Verlassen des Raumes auszuschalten, wird die Botschaft irgendwann automatisch verinnerlichen.
Natürlich bieten sich die Nudging-Methoden nicht für alle Kommunikationsthemen an. Besonders sinnvoll können sie aber bei Themen sein, die eine lange Umsetzung und das aktive Mitwirken bestimmter Menschen erfordern. Denken wir nur mal an unternehmensinterne Nachhaltigkeitsstrategien oder die Einführung neuer Tools oder Prozesse. Das Gute: In der Regel sind Nudging-Maßnahmen günstig und schnell umzusetzen. Vielleicht bieten sie sich auch für Ihre Unternehmenskommunikation an? 9 von 10 Kommunikator:innen nutzen Nudging bereits.*
*Vorsicht: Dieser Fakt ist nicht nachgewiesen, sondern dient lediglich der Illustration des Themas. Und wir wollten selbst mal testen, wie gut, das Prinzip funktioniert. :)
Image by Freepik