Print stirbt aus – der Umwelt zuliebe. Stimmt doch, oder?
Print stirbt aus – der Umwelt zuliebe. Stimmt doch, oder?
Immer wieder hören wir: „Aus Gründen der Nachhaltigkeit ist unser Printmagazin nicht mehr vertretbar.“ Auch wenn wir überzeugt sind, dass nicht allein der ökologische Fußabdruck über das Bestehen oder Nicht-Bestehen eines Produktes entscheiden sollte, können wir nicht leugnen, dass ein gedrucktes Magazin Papier und Energie verbraucht und in der Regel irgendwann im Papierkorb landet.
Wenn wir aber hören, dass Onlinemedien die nachhaltigere Alternative sein sollen, zögern wir bisher mit dem zustimmenden Nicken. Deswegen haben wir uns mal genau angesehen, ob Online wirklich nachhaltiger ist als Print. Die Antwort ist – so viel nehmen wir vorweg – nicht so eindeutig.
Medien als Umweltbelastung
Zeitungen, Magazine, Flyer und Broschüren bestehen aus Papier. Dafür müssen zunächst Bäume gefällt werden. Anschließend wird das Papier bedruckt, gebunden und versendet, bevor es im Papierkorb landet und im besten Fall recycelt wird.
Dieser Prozess ist mit einem hohen Energie- und Wasserverbrauch verbunden. Für Onlineausgaben hingegen braucht man ja eigentlich nichts. Den Computer, das Tablet und das Handy hat man eh, das Internet läuft sowieso.
Ganz so einfach ist es natürlich nicht. Für Elektrogeräte werden Metalle und seltene Erden abgebaut – teilweise unter schlimmen Arbeitsbedingungen, teilweise nachdem dafür Regenwälder gerodet wurden.
Hinzu kommt die energieaufwändige Entsorgung des Elektroschrotts, der zum Teil einfach nur in Länder der sogenannten Dritten Welt verschoben wird. Außerdem verbrauchen die Endgeräte natürlich auch Strom. Und dass das Internet keine sonderlich gute CO2-Bilanz vorweist, hat sich längst herumgesprochen.
Keine pauschale Aussage möglich
Diese sehr unterschiedliche Herstellung und Nutzung macht Vergleiche schwierig. Der Fachverband Druck- und Papiertechnik im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e. V. hat es gewagt und zwei unabhängige Forschungsinstitute beauftragt, die Ökobilanzen von gedruckten und online abrufbaren Medien zu vergleichen und dafür die jeweilige gesamte Lebensstrecke zu untersuchen. Das Ergebnis: Welches Medium umweltfreundlicher ist, hängt vor allem davon ab, wie es genutzt wird.
So spielen etwa die Dauer und Häufigkeit der Nutzung eine Rolle. Das wird besonders am Beispiel der untersuchten Tageszeitung deutlich: Die gedruckte Ausgabe benötigt im Vergleich zur Onlineausgabe mehr Energie für die Herstellung und verbraucht zudem Ressourcen.
Trotzdem kann sie nachhaltiger als die Onlineversion sein – nämlich dann, wenn sie von mehr als 3,2 Personen oderlänger als 26,5 Minuten gelesen wird oder wenn die Daten der Onlinezeitung über UTMS statt über das Festnetz übertragen werden.
Auch das genutzte Endgerät fließt je nach Energieverbrauch in die Bilanz mit ein: Das Lesen der Zeitung auf einem E-Book-Reader ist ökologischer als das Lesen eines gedruckten Exemplars. Lesen auf dem Tablet hingegen schneidet weniger nachhaltig ab.
Ökobilanz langfristig betrachten
Bei anderen Medienformen zeichnet sich ein ähnlich uneindeutiges Bild. Während der anfängliche Energieaufwand bei allen Printmedien deutlich höher ist, nähert sich die Ökobilanz im Laufe des Lebenszyklus meist mehr oder weniger stark der des Onlinependants an: Taschenbücher haben einen geringeren Gesamtenergieverbrauch und eine geringere Gesamtumweltbelastung als ein E-Book. Dessen CO2-Fußabdruck entspricht dem von 59 Taschenbüchern, sodass ein E-Book nur für Vielleser:innen die ökologischere Alternative ist.
Auch ein gedrucktes Lehrbuch schneidet beim CO2-Ausstoß und beider Gesamtumweltbelastung besser ab als das Herunterladen der digitalen Variante. Bei einseitigen Werbebroschüren hingegen ist in jedem Fall die Onlinevariante die nachhaltigere.
Fazit: Onlinemedien sind nicht per se nachhaltiger
Die Nachhaltigkeit von Print- gegenüber Online-Medien ist komplexer als oft angenommen und eine pauschale Aussage darüber, welche Form umweltfreundlicher ist, ist nicht möglich. Kurz gesagt: Die Entscheidung für Print oder Digital sollte auf einer informierten Bewertung des gesamten Lebenszyklus basieren oder – noch besser – auf Überlegungen zum nachhaltigen Erreichen, Begeistern und Binden der Zielgruppe.