Fachbeitrag
25
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01
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2024

„Der kreative Prozess wird bleiben“

KI ermögliche Fotograf:innen, den eigenen kreativen Werkzeugkasten zu erweitern, sagt Christoph Papsch. Im Interview erklärt der Unternehmensfotograf, wie er seine Angst vor KI überwunden hat und wo er seinen Job in Zukunft sieht.
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2024

„Der kreative Prozess wird bleiben“

KI ermögliche Fotograf:innen, den eigenen kreativen Werkzeugkasten zu erweitern, sagt Christoph Papsch. Im Interview erklärt der Unternehmensfotograf, wie er seine Angst vor KI überwunden hat und wo er seinen Job in Zukunft sieht.
„Der kreative Prozess wird bleiben“

Wann hast du zum ersten Mal ein KI-generiertes Foto gesehen und was für ein Foto war das?

Als das Thema vor knapp einem Jahr in der Öffentlichkeit aufkam, habe ich mich recht schnell selbst an KI versucht. Im Programm DALL-E habe ich die KI Menschen in einem Industrieumfeld oder an einem Tisch in Szene gesetzt. Aber das Ergebnis war einfach furchtbar. Es hat nichts gestimmt. Die Gesichter waren verzogen und verzerrt, die Leute hatten sechs Finger oder nur drei. In dem Moment dachte ich noch: „Wenn das alles ist, was KI leistet, muss ich keine Angst haben." Das hat sich natürlich inzwischen geändert. Drei bis vier Monate später kamen schon ganz andere, realistischere Bilder dabei heraus. 

 

Du scheinst allerdings immer noch keine Angst vor KI zu haben, bietest sogar Unterstützung bei dem Thema an. Warum bist du anders als viele deiner Kolleg:innen beim Thema KI so positiv? 

Ich finde es einfach toll, kreativ zu sein, Bilder zu erschaffen. Egal ob das jetzt mit Fotografie ist oder über ein anderes kreatives Medium. Bisher war es nur eben so, dass ich aufs Fotografieren beschränkt war, denn das ist was ich kann. Malen zum Beispiel ist eher nicht so mein Ding. Mit KI kann ich jetzt meine kreativen Fähigkeiten erweitern und auch Bilder erschaffen, die ich sonst mit meinen Mitteln nie hätte realisieren können. Was mich besonders fasziniert, ist außerdem die Möglichkeit, Motive zu erschaffen, die man niemals – oder nur ganz kompliziert – fotografieren könnte. Bildgenerierung über KI kann die klassische Fotografie einfach toll ergänzen. Je mehr ich herumprobiert und experimentiert habe, desto bewusster sind mir diese Möglichkeiten geworden – und desto mehr habe ich die Angst vor KI verloren.

Ein von Papsch mit KI generiertes Bild von Mitarbeitenden in einem Logistikzentrum.


Der Reiz der frühen Fotografie lag gerade darin, die Wirklichkeit so echt wie möglich – quasi objektiv – darstellen zu können. Und jetzt kommt KI und kreiert Fotos, die in der realen Welt nie entstehen könnten. Verliert Fotografie dadurch nicht das, was sie ausmacht?

Diese Entwicklung, dass Fotos nicht mehr die Realität abbilden, gab es doch schon die letzten Jahre. Auf einem Werbeplakat für zum Beispiel Butter ist eine Familie aus Models zusehen und eine hübsche, gephotoshopte Landschaft. Das ist zwar alles fotografiert, aber echt ist daran auch nicht mehr viel. Klar muss man die Frage stellen, was passiert mit der Authentizität? Es gibt Bereiche, die müssen authentisch bleiben, Journalismus zum Beispiel. Auch in der Unternehmenskommunikation gibt es diese Bereiche. Aber dass es Bilder gibt, die kreiert und inszeniert sind, zum Beispiel aus mehreren Fotos und CGI, also Computersimulationen, das gibt es sowieso seit Jahren. Ich denke, dadurch ändert sich gar nicht mal so viel. KI erweitert nur die Möglichkeiten um ein paar Optionen mehr.

 

Was sich schon ändert, ist, dass man gar keinen Fotograf:innen mehr für Bilder braucht. Wie ändert das die Rolle von euch?

Als Fotograf habe ich eine Bildidee im Kopf, die ich umsetzen möchte. Wie ich die umsetzen möchte, ist am Ende relativ egal. Der kreative Prozess dahinter wird bleiben und was zählt, ist das Ergebnis, das hinten rauskommt.

 

Du hast gesagt, es wird Bereiche geben, wo Authentizität weiterhin relevant bleiben wird – auch in der Unternehmensfotografie. Wo genau?

Überall dort, wo es um Mitarbeitende geht – besonders im Dienstleistungssektor. Da kommt es darauf an, genau die Leute zu zeigen, die in einem Unternehmen arbeiten, die ein Unternehmen ausmachen und repräsentieren.

 

Was macht es für einen Unterschied, ob ich Models oder echte Mitarbeitende auf Unternehmensfotos sehe?

Letztendlich ist es das Emotionale. Wenn Kund:innen des Unternehmens tatsächlich Mitarbeitende sehen, mit denen sie am Ende Kontakt haben, dann ist das ein ganz anderes Gefühl gegenüber dem Unternehmen, als wenn man ein Stockbild oder Models verwendet. So entsteht eine andere Bindung zwischen Kundschaft und Unternehmen: mehr Vertrauen und mehr Nähe durch Transparenz.

KI-generiertes Bild eines Geschäftsmanns im urbanen Umfeld von Christoph Papsch.

 

Du bist rund 25 Jahre in der Unternehmensfotografie tätig. Wie hat sich die Erwartung an Unternehmensfotos verändert?

Ich glaube, nicht nur in Bezug auf den Fachkräftemangel der letzten Jahre sind gerade diese authentischen Bilder wichtiger geworden. Unternehmen wollen eine emotionalere und persönlichere Bindung schaffen – über die Mitarbeitenden.

 

Wo muss es umgekehrt in der Unternehmensfotografie nicht so authentisch sein und wo entstehen dadurch Einsatzmöglichkeiten für KI-generierte Bilder? 

Natürlich ganz viel in der Werbung, wo man heute schon Models und eben keine Mitarbeitenden einsetzt. Hier kann es auch reizvoll sein, Bildwelten zu erschaffen, die in der Realität nicht möglich wären. Zum Beispiel kann man ein Produkt in eine unnatürliche Kulisse packen. Aber komplett neue Bildwelten zu kreieren, kommt KI wahrscheinlich erstmal vor allem viel subtiler zum Einsatz. Man erweitert ein Bild in Photoshop ein wenig oder nimmt Teile aus dem Bild raus. Oder verbessert einfach die Bildqualität mittels KI.

 

Wirf doch bitte für uns einen Blick in die Glaskugel: Wie wird dein Job in fünf Jahren durch KI aussehen?

Ich glaube, es wird erstmal noch ein paar Jahre so weiterlaufen, wie jetzt. Denn ich merke, dass es auch viele Unternehmen gibt, in denen KI noch gar kein Thema ist, besonders im Mittelstand. Wenn ich beispielsweise bei einem Fotoauftrag vorschlage, dass ich auch Videos machen kann, wird selbst da oft gesagt: "Ach, so weit sind wir noch gar nicht." Wir Kreativen sind näher dran an den Entwicklungen und haben deshalb vielleicht schon ein bisschen mehr Panik. Generell braucht das Kreieren KI-generierter Bilder aber viel Know-how und Erfahrung, damit man am Ende auch das Bild erhält, das man sich vorgestellt hat. Dafür wird es immer jemanden geben müssen, der eine Bildidee mitbringt, die Software beherrscht und am Ende diese Idee auch umsetzen kann. 

 

Mehr Informationen zu Christoph Papsch, seinen aktuellen Projekten und seinen Kontaktdaten unter www.cpapsch.de.

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Geschrieben von Zimmermann Editorial

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