Ist die Geschichte verständlich?
Viele Autoren verstehen unter redigieren zunächst einmal die Rechtschreibkontrolle. Schreibcoach Daniel Perrin sieht das anders: „Der sprachliche Feinschliff ist eigentlich das Unwichtigste am Redigieren, verglichen mit der grundlegenden Frage: Versteht man eine Geschichte oder versteht man sie nicht?“, schreibt er im Reader „Richtig redigieren“. Stattdessen sollte der Redakteur als erster Leser prüfen, ob er direkt im ersten Absatz versteht, worum es geht. Gibt es viele Fachbegriffe, die den ungeschulten Leser überfordern könnten? Oder logische Fehler? Schließlich macht eine Veröffentlichung erst Sinn, wenn der Artikel von allen Lesern verstanden wird.
Ist die Story interessant?
Die Qualität von Überschrift und Vorspann entscheidet darüber, ob ein Artikel gelesen wird oder nicht. Macht die Überschrift neugierig? Zieht der Vorspann den Leser in den Text? Stellt er eine These auf oder eine offene Frage? Auch eine gewisse Fallhöhe kann den Leser locken, weiterzulesen.
Stimmt die Dramaturgie?
Von guten Texten erwarten wir heute eine Dramaturgie wie bei Filmen: Die Geschichte muss logisch und spannend sein statt chronologisch und langatmig. Die Absätze kurz und abrupt statt lang und beschaulich. Der Redakteur sollte prüfen, ob es in dem Artikel eine Fallhöhe oder einen Gegensatz gibt, der die Dramaturgie treibt. Hat der Text den richtigen Rhythmus zwischen Szenen und informativen Sätzen? Was ist mit den Protagonisten? Tauchen sie zu spät auf? Gibt es zu viele?
Ist der Text sprachlich geschliffen?
„Schreiben ist leicht. Man muss nur die falschen Wörter weglassen“, sagte einmal Mark Twain. Mit diesem Rat im Kopf sollten bei der Redigatur vor allem die Adjektive geprüft werden. Falsch eingesetzt, machen sie einen Satz langsam, wertend – und im schlimmsten Fall zur Phrase („herbe Niederlage“, „sintflutartige Regenfälle“). Wenn überhaupt, sollte man Adjektive nur zur Unterscheidung und Präzisierung nutzen.
Sind die Zitate originell?
Im Idealfall sind wörtliche Zitate mehr als Erzähltext zwischen An- und Abführungszeichen. Bei der Redigatur sollte deswegen geprüft werden, welche Informationen auch im normalen Fließtext erzählt werden können – und ob es vielleicht noch ein prägnanteres Zitat gibt. Muss das gesamte Statement direkt zitiert werden? Oft ist die Abwechslung zwischen direkter und indirekter Rede spannender. Bloß nicht bei der reinen Gesprächswiedergabe bleiben!