Interview
04
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08
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2022

„Headlines wie die BILD-Zeitung“

Babyboomer, Gen X und Millennials stehen mitten im Arbeitsleben. Nun tritt auch die Generation Z in die Arbeitswelt ein. Gar nicht so einfach, da den Überblick zu behalten. Dr. Irène Kilubi kennt sich aus: Sie berät Unternehmen zu generationenübergreifender Zusammenarbeit. Im Interview erklärt sie, wie man in der internen Kommunikation allen Altersgruppen gerecht wird.
Interview
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2022

„Headlines wie die BILD-Zeitung“

Babyboomer, Gen X und Millennials stehen mitten im Arbeitsleben. Nun tritt auch die Generation Z in die Arbeitswelt ein. Gar nicht so einfach, da den Überblick zu behalten. Dr. Irène Kilubi kennt sich aus: Sie berät Unternehmen zu generationenübergreifender Zusammenarbeit. Im Interview erklärt sie, wie man in der internen Kommunikation allen Altersgruppen gerecht wird.
„Headlines wie die BILD-Zeitung“

Frau Kilubi, Sie arbeiten mit Arbeitnehmenden aller Generationen zusammen. Was charakterisiert die Menschen, die der Gen Z angehören?

Zur Gen Z gehören Jugendliche und junge Erwachsene, die zwischen 1996 und 2010 geboren sind. Sie sind Digital Natives und fühlen sich in den sozialen Medien zuhause. Im Arbeitsleben streben sie stark nach Kreativität und Sinn – einem Purpose. Dabei interessieren sie besonders Themen wie Nachhaltigkeit und Diversität. Starke Hierarchien lehnen sie ab, dafür wünschen sie sich Flexibilität – das mag manch einer als Unzuverlässigkeit auslegen. Da sie durch die Corona-Pandemie aber Unsicherheit erfahren haben, wünschen sie sich mittlerweile mehr Stabilität.

Wie zeigt sich das in ihren Kommunikationsbedürfnissen? Wie spricht man am besten mit ihnen?

Auch wenn die Gen Z stark auf digitale Tools fixiert ist, schätzen sie durch ihre Erfahrungen im Lockdown den persönlichen Austausch sehr. Lange Mails mit im schlimmsten Fall vielen Anhängen kommen hingegen gar nicht durch. Generell ist die Aufmerksamkeitsspanne der Gen Z sehr gering. Zu viele Details oder irrelevante Informationen werden nicht gelesen. Was hingegen gut funktioniert, sind kurze und bündige digitale Nachrichten, Videos und viele Bilder. Dabei holt man sie im besten Fall in den ersten Sekunden ab. Vielleicht sollten Unternehmensmedien dazu Headlines wie die Bild-Zeitung formulieren. Und: junge Menschen möchten geduzt werden. Damit signalisiert man ihnen, dass es kein Senioritätsprinzip gibt.

Über was möchten Menschen aus der Gen Z informiert werden?

Sie sind stark daran interessiert, was in ihrem Unternehmen passiert und möchten transparent über aktuelle Schritte, Pläne für das kommende Quartal oder Jahr, Innovationen und Produktveränderungen auf dem Markt informiert werden. Natürlich sollte auch darüber gesprochen werden, inwiefern sich das Unternehmen für Nachhaltigkeit und Diversität einsetzt, weil das die Themen sind, die den jungen Menschen wichtig sind.

Was ist Ihre Erfahrung, inwiefern unterscheidet sich damit ihr Kommunikationsbedürfnis von dem der vorhergehenden Generationen?

Eigentlich sind die Babyboomer und die Generation X auf die Kommunikation bezogen das genaue Gegenteil. Sie lieben Live-Präsentationen, Meetings und ihren Jour Fixe – am liebsten analog. Ein Stichwort hier ist Regelmäßigkeit, die dem Wunsch nach Flexibilität der Jüngeren entgegensteht. Und während die Gen Z gar nicht mehr regelmäßig die Mails checkt, setzen die erfahrenen Mitarbeitenden genau darauf. Viele Portale wie Twitch, Discord oder TikTok, auf denen sich die Gen Z bewegt, sind ihnen hingegen ein Rätsel. Außerdem bevorzugen die Babyboomer und die Gen X häufig Details und ausführlichere Beiträge. Wichtig ist, sich bewusst zu machen, dass unterschiedliche Kommunikationsverhalten vorherrschen und dass es keine böse Absicht ist, wenn eine Rückmeldung anders ausfällt, als man es erwartet.

Und wie schafft man es bei diesen Differenzen, alle zu erreichen?

Es gibt nicht die eine Lösung, das eine Tool, den einen Kommunikationsweg. Jedes Unternehmen muss für sich schauen, welche verschiedenen Kanäle wie genutzt und in Einklang gebracht werden können – und das passiert ja im besten Fall ohnehin schon. Die wichtigste Aufgabe haben Führungskräfte: Sie müssen sicherstellen, dass alle Mitarbeitenden mitgedacht werden. Ich schlage vor, Tools zu finden, die die verschiedenen Bedürfnisse zusammenbringen und bei denen keine Altersgruppe einer anderen voraus ist. Natürlich müssen trotzdem für alle entsprechende Schulungen angeboten werden. Und wenn das nicht funktioniert: demokratisch abstimmen. Meiner Erfahrung nach kommt es aber ohnehin mehr auf die Inhalte an als auf das gewählte Tool. Auch hier gilt es, einen guten Kompromiss zu finden. Bei sehr ausführlichen, detaillierten Beiträgen kann das zum Beispiel eine kurze, bündige Zusammenfassung für die Gen Z sein.

Wenn ich jetzt noch keine Strategie habe, um die Gen Z in meiner Kommunikation zu involvieren – wie fange ich am besten an?

Die Basis ist immer, die Generation überhaupt zu verstehen. Dazu reicht es nicht, in den Medien mal etwas über sie gehört oder gelesen zu haben. Wir müssen wissen, was ihre Identität prägt, um zu verstehen, warum sie sich wie verhalten. Und natürlich sind auch innerhalb einer Generation nicht alle Menschen gleich. Deswegen ist es sinnvoll, die Menschen, die man ansprechen möchte, direkt zu fragen, was ihnen wichtig ist, was sie sich wünschen und wofür sie sich interessieren. Dabei darf man aber auf keinen Fall die anderen Altersgruppen vergessen.

Momentan versuchen sich viele, auf die Gen Z einzustellen. Interessiert die sich denn auch für die älteren Generationen?

Ja, auf jeden Fall. Wenn ich junge Menschen frage, wer ihre Vorbilder sind, nennen sie oft ihre Eltern. Sie wissen, dass sie von erfahrenen Kolleginnen und Kollegen lernen können. Manchmal haben sie aber Angst, nicht ernstgenommen zu werden. Umgekehrt haben die erfahreneren Mitarbeitenden oft Sorge, in der Digitalisierung nicht mithalten zu können und abgehängt zu werden. Deswegen ist empathische und offene Kommunikation so wichtig, denn die Zukunft können wir am besten gemeinsam gestalten.

Irène Y. Kilubi ist Initiatorin von JOINT GENERATIONS, einer Social-Impact-Initiative, die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen den Generationen nachhaltig verbessern möchte.

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Geschrieben von Zimmermann Editorial

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